Lokale Kultur Gehen, Springen, Begegnen unter Bäumen

Düsseldorf · Neues Kulturelles Leben im Lantz’schen Park: Die Choreografin Daniela Georgieva lädt zur Performance zwischen Skulpturen.

 Bei der Performance im Lantz’schen Park am kommenden Samstag ersetzen Vogelgezwitscher und Flugzeuglärm die musikalische Begleitung.

Bei der Performance im Lantz’schen Park am kommenden Samstag ersetzen Vogelgezwitscher und Flugzeuglärm die musikalische Begleitung.

Foto: Daniela Georgieva

. Jahrelang war der Lantz’sche Park in Vergessenheit geraten. Knapp über den Köpfen bretterten mit ohrenbetäubendem Lärm Flugzeuge im Minutentakt auf die nahe Landebahn zu. Doch in der Hochzeit der Corona-Pandemie kehrte fast wieder Ruhe rund um das klassizistische Herrenhaus ein. Und nur langsam nimmt die Zahl der Flugbewegungen ­wieder zu.

Da lag es für die Kunstkommission Düsseldorf nahe, dieses wenig bekannte Kleinod eines Parks wieder bekannter zu machen. So kuratiert Kunsthallen-Chef Gregor Jansen einen höchst sehenswerten internationalen Skulpturenpark in Lohausen. Bereits in den 1970er Jahren hatte hier der Galerist Alfred Schmela einige Skulpturen aufstellen lassen, unter anderem von Erwin Heerich.

In Rahmen der Ausstellung wird der Park am Samstag, 22. August, mit der Tanzperformance „Gehen, Springen, Begegnen“ der Düsseldorfer Künstlerin und Choreografin Daniela Georgieva bespielt – zwischen Arbeiten von Martin Pfeifle, Rita McBride und Kenneth Capps. Zwei Tänzerinnen und ein Tänzer interpretieren darin Bewegungsmuster des Gehens, Springens und der Begegnung.

Schon seit einiger Zeit setzt sich Georgieva mit dem „Judson Dance Theater“ auseinander. Dieser Zusammenschluss von Tänzern, Choreografen, Komponisten und Künstlern bestand zwar nur von 1962 bis 1966, hatte aber großen Einfluss auf den zeitgenössischen Tanz und Video- sowie Performance-Kunst. Einige herausragende Künstler, die zum Judson-Dunstkreis gehörten, waren unter anderem die Videokunstpionierin Carolee Schneemann, die Choreografin Yvonne Rainer oder der Wegbereiter der Pop-Art, Robert Rauschenberg.

Die Performances des „­Judson Dance Theater“ umfassten alltägliche Bewegungen und Gesten, griffen die Strukturen von Spielen, einfachen Aufgaben und sozialen Interaktionen auf. Spontanität und unkonventionelle Kompositionsmethoden wurden betont. Mit seinem gattungsübergreifenden Ansatz, der sich als körperliche Annäherung und physische Erfahrung von Kunst, Tanz und Minimal Music versteht, prägte das Judson Dance Theater jenen fluiden Ansatz, der für das gegenwärtiges Verständnis von Performance-Kunst wesentlich ist.

Choreografin Georgieva legt sich nicht auf eine Sparte fest

„Ich spüre den Geist von Judson in mir, es fühlt sich nah an“, sagt Georgieva. Denn auch die Düsseldorferin legt sich, wie der interdisziplinäre Zusammenschluss aus New York, nicht auf eine Sparte fest. An der Kunstakademie studierte sie in der Malereiklasse von A. R. Penk, macht unter dem Pseudonym „Pony“ elektronische Musik, und seit einigen Jahren ist sie eben auch als Choreografin tätig. „Ich mache seit 2016 Tanzperformances, mein erstes Stück, bei dem ich auch selbst getanzt habe, wurde bei ‚Image Movement‘ in Berlin aufgeführt“, sagt Georgieva. Danach folgten weitere eigene Solostücke und mit „Ein Abend für Tanz / Vierx 1“ in der Berger Kirche im vergangenen Herbst die erste Arbeit, in der sie nicht selber auf der Bühne stand.

Mit dem Judson Dance Theater beschäftigt sich die gebürtige Bulgarin schon seit einiger Zeit im Rahmen eines Recherchestipendiums der Kunststiftung NRW. „Das Judson ist Inspiration für mich, ich will Neues entdecken und den Geist wieder aufleben lassen“, erzählt Georgieva in einem hauchzarten Wiener Akzent. Nach einigen Jahren als Kind in Wien zogen ihre Eltern zurück nach Bulgarien, dort lernte sie als Jugendliche bulgarische Volkstänze. Der Traum, auf eine Schauspielschule zu gehen, ging nicht in Erfüllung, dafür studierte sie bildende Kunst. „Mit den Tanzperformances und der Choreografie komme ich jetzt zu dem zurück, was ich bin“, sagt Georgieva. Dabei ist Georgieva keine echte Autodidaktin. Sie hat in den vergangenen Jahren an diversen Tanzworkshops teilgenommen, darunter auch bei der Wiener Choreografin Doris Uhlich. „Das war wahnsinnig fordernd aber auch sehr bereichernd“, sagt Georgieva.

Im Lantz’schen Park werden die drei Performer sich erst einzeln bewegen. So kann sich der Zuschauer mit den Performern vertraut machen und sich frei durch den Skulpturenpark bewegen. Erst zum Schluss der dreistündigen Aufführung werden die Performer um die Kapelle im Park zusammen kommen. „Die Zuschauer sollen ganz in Ruhe die Bewegungsqualität der Performer erkunden“, sagt Georgieva. Ganz im Sinne des „Judson Dance Theaters“ interessiert die Choreografin eine aus dem Alltag abgeleitete, auf Improvisation basierende Bewegung und ihre Wiederholung. Sie entwickelt diese minimale Erzählsprache in ihrer eigenen tänzerisch-choreografischen Arbeit und setzt so den Fokus verstärkt auf das Verhältnis von Körper und Raum. Zum Herantasten des Körpers an seine Umgebung korrespondieren die Skulpturen und die Bäume des Parks. Die Konzentration auf die repetitiven Bewegungen wird durch das Fehlen einer musikalischen Begleitung noch gefördert. Der Soundtrack von „Gehen, Springen, Begegnen“ ist das vom Kreischen der Flugzeuge unterbrochene Vogelgezwitscher oder das Rauschen der Bäume.

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