WZ-Wahlcheck Tönisvorst Krankenhaus: Befund und Diagnose

Tönisvorst · WZ-Wahlcheck zur medizinischen Versorgung in Tönisvorst

 OP am offenen Knie vor Presse. 2019 sahen schreibende Gäste im OP-Zentrum der Alexianer bei der Transplantation von Knorpelsubstanz in ein Kniegelenk zu. Die Operateure am Tisch zählen zu 70 Fachleuten bundesweit. Werbung  fürs Haus. Tönisvorster Parteien setzen sich für den Erhalt des Leistungskatalogs im Maria Hilf in St. Tönis ein. Um eine gute medizinische Versorgung in der Stadt zu erhalten, wollen sie die Zahl der (Fach)-Ärzte erhöhen.

OP am offenen Knie vor Presse. 2019 sahen schreibende Gäste im OP-Zentrum der Alexianer bei der Transplantation von Knorpelsubstanz in ein Kniegelenk zu. Die Operateure am Tisch zählen zu 70 Fachleuten bundesweit. Werbung  fürs Haus. Tönisvorster Parteien setzen sich für den Erhalt des Leistungskatalogs im Maria Hilf in St. Tönis ein. Um eine gute medizinische Versorgung in der Stadt zu erhalten, wollen sie die Zahl der (Fach)-Ärzte erhöhen.

Foto: Kurt Lübke

Ob Hochstraße, Höhenhöfe oder Lindenallee – überall Fotos, Sprüche und Plakate. Die Wahlwerbung ist im Tönisvorster Stadtbild angekommen. Viral geht der Wahlkampf schon viel länger. Homepage aufpoliert, Facebook und Instagram geentert: Parteien, Wählergemeinschaften und Politiker, die zur Kommunalwahl am 13. September antreten, sind mit Videos, Statements und Steckbriefen präsent. Jedes Wahlprogramm ist hinterlegt.

Gar nicht so einfach, thematisch den Überblick zu behalten. Wer steht für was? Welche Meinung vertritt wer zu einem Thema. Podiumsdiskussionen sind in Coronazeiten rar.

Erste Wahlcheck-Frage betrifft
die Medizinische Versorgung

Die WZ hat daher allen Parteien vier Fragen geschickt. Die E-Mails wurden an die Parteivorsitzenden geschickt, an Dirk Louy (CDU), Helge Schwarz (SPD), Jürgen Cox (Grüne), Michael Lambertz (UWT), Marcus Thienenkamp (FDP) und Daniel Ponten (GUT). WZ-Wahlcheck-Thema Nummer eins, das heute hier aus sechs Perspektiven beleuchtet wird, ist die medizinische Versorgung in der Stadt.

Das hat die WZ an Fragen dazu formuliert: „Ende April hieß es von Seiten der Alexianer, dass es für das Krankenhaus Maria-Hilf Tönisvorst keine wirtschaftlichen Spielräume gebe, Defizite aus der Corona-Krise aufzufangen. Die Lage ist also ernst. Fragen um das Krankenhaus, Sorgen um den Bestand von Abteilungen reißen nicht ab. Wie beurteilen die Parteien und Wählergemeinschaften, die in Tönisvorst zur Stadtratswahl antreten, die Situation des Hauses? Welche Informationen liegen Ihnen zu den Zukunftsaussichten des Hospitals vor? Wie schätzen sie insgesamt die medizinische Versorgung in der Stadt ein?“

Wie lautet nun der Befund? Die Diagnose? Hier die Antworten dazu, die die WZ-Redaktion von CDU, SPD, Grünen, UWT, FDP und GUT erhalten hat. Die Reihenfolge der Nennung entspricht der Rangfolge des Wahlergebnisses von 2014.

„Medizinische Versorgung
in der Stadt ist sehr gut“

CDU: „Das Alexianer Tönisvorst ist für die CDU ein wichtiger Gesundheitsstandort in unserer Stadt. Viele Angebote für unsere Bürgerinnen und Bürger sind an diesem Standort vorhanden. Das Kursangebot des Krevital, die ambulante Haus- und fachärztliche Versorgung im MVZ, die geriatrische Rehabilitation für unsere älteren Mitbürger und die Seniorenhäuser. All das ist langfristig für Tönisvorst gesichert. Das Krankenhaus wird weiter Gesundheitsstandort für Tönisvorst sein. Wir sprechen uns klar auch für den Erhalt der internistischen Abteilung aus und unterstützen mit unserer Landtagsabgeordneten Britta Oellers gemeinsam alle notwendigen Gespräche beim Land. Klar ist aber auch, dass gerade kleine Krankenhäuser bundesweit unter erheblichem wirtschaftlichen Druck stehen und viele Patienten sich verständlicher Weise für Behandlungen in größeren Krankenhäusern mit entsprechenden Fachabteilungen entscheiden.

Die medizinische Versorgung in unserer Stadt ist sehr gut, damit dies auch weiterhin so bleibt und im Facharztbereich noch besser wird, dafür setzen wir uns gemeinsam mit unserem Bürgermeister Thomas Goßen als eine unserer wichtigen Aufgaben ein, ebenso wie für die neu etablierte Rettungswache, die die Notfallversorgung der Bevölkerung spürbar verbessert hat.“

„Leistungsfähigkeit des MVZ
wird ausgebaut“

SPD: „Für uns ist das St. Töniser Krankenhaus als Haus der Grundversorgung ein wichtiger Baustein städtischer Daseinsfürsorge. Deshalb tauschen wir uns fortlaufend mit den Alexianern aus. Erst in den letzten Tagen hat es ein Gespräch mit der Geschäftsführung gegeben. Es bleibt festzuhalten, dass es im stationären Bereich keinen Leerstand geben wird und die Leistungsfähigkeit des MVZ ausgebaut wird.

Wir werden das Gesundheitswesen weiter stärken und die Entwicklung von innovativen Lösungen und Produkten für eine bestmögliche Versorgung fördern. In Tönisvorst wollen wir die Ansiedlung von Ärzten fördern.“

„Ideal: ärztliche Genossenschaft als Träger des MVZ“

Grüne: „Informationen liegen uns nicht vor. In Tönisvorst ist ein verschärfter Ärztemangel absehbar. Junge Ärzt*innen sind heute zu Recht nicht mehr bereit, 60 Stunden/Woche zu arbeiten. Das kollidiert mit der gewünschten aktiven Rolle in der Familie und dem modernen Verständnis von Work-life-balance. Mediziner*innen sind auch weniger bereit, sich bei Niederlassung zu verschulden und die unüberschaubare Zahl an administrativen Pflichten zu übernehmen. Neue Modelle helfen: Das Medizinische Versorgungszentrum mit angestellten Ärzt*innen ist ein Ansatz. Wir sehen als ideale Lösung eine ärztliche Genossenschaft als Träger. Ärzt*innen konzentrieren sich auf gute Medizin! Technik, Qualitätssicherung, Beschaffung, Verwaltung, Personalrekrutierung, Fortbildung... können von der Genossenschaft übernommen werden. Eine solche Struktur wäre auch frei von medizinfremden Einflüssen, wie zum Beispiel Rendite-Erwartungen privater Träger/Konzerne. In der besseren Verzahnung stationärer und ambulanter Angebote liegt die Zukunft.“

„Mitarbeiter sind völlig verunsichert“

UWT: „Die Sorgen der Bürger*Innen um das Krankenhaus sind berechtigt.

Die damals geschlossenen Verträge erlauben die Einstellung des Krankenhausbetriebes im Jahre 2020. Welche Pläne die Alexianer GmbH in Bezug auf das Krankenhaus hat, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Auf unsere Nachfrage hat die Verwaltung erklärt, es sei nichts bekannt, die Alexianer GmbH gibt keine Auskunft. Wir halten das Verhalten des Krankenhausbetreibers den Mitarbeiter*Innen gegenüber für einen Skandal. Diese sind völlig verunsichert. Wir werden uns weiter darum bemühen, dass hier Klarheit geschaffen wird.

Fakt ist aber, dass die Alexianer GmbH ein privatwirtschaftliches Unternehmen ist, welches seine Entscheidungen ohne Beteiligung der Stadt Tönisvorst treffen kann. Da der Stadt jedoch am Grundstück bzw. Krankenhausgebäude Rechte zustehen sollen, wird in den nächsten Wochen und Monaten über die weitere Verwendung des Gebäudes möglicherweise zu diskutieren sein.

Auch sehen wir ein großes Fragezeichen hinter den medizinischen Versorgungszentrum. Sollte dieses auch geschlossen werden, stünde die gesamtmedizinische Versorgung der Stadt infrage. Auch deshalb werden wir an dieser Stelle nicht locker lassen und versuchen Transparenz herzustellen.“

„In Kürze werden Entscheidungen getroffen“

FDP: „Es ist zu befürchten, dass ein Gutachten zur Krankenhausplanung des Landes NRW, Auswirkungen auf die Krankenhäuser im Kreis Viersen haben wird, da diese im Durchschnitt sehr klein sind. Die Alexianer haben den Fortbestand unseres Hauses nur bis 2020 garantiert. Wir gehen davon aus, dass in Kürze dort eine Entscheidung zu einer Umstrukturierung getroffen wird. An Gerüchten können und wollen wir uns nicht beteiligen. Bei der medizinischen Versorgung ist positiv zu bewerten, dass sich das Minus von Hausärzten von 5 auf 2,5 (Stand 2019) reduziert hat. Uns macht weiterhin die hohe Zahl der Ärzte im Alter von 60-plus Sorge. Die Anwerbung junger Ärzte muss gefördert werden, zum Beispiel: Doppelpraxen, Hospitationen, Studenten ansprechen, Räumlichkeiten stellen und den Ausbau des MVZ mit Fachärzten vorantreiben.“

„Der Leistungsumfang korrodiert seit einigen Jahren“

GUT: „Die Intensität der Beteuerungen zum Standort, einhergehend mit den personellen Änderungen stimmen auch uns als GUT ehrlicherweise nicht zuversichtlich für die Zukunft des aktuellen Konzepts. Für das Ergebnis sind hier vor 25 Jahren nicht die Bürgerinnen und Bürger in der größten Bewegung der Stadt auf die Straße gegangen. Dem Thema müsste auch der Bürgermeister mal nachgehen. Der Leistungsumfang des Hauses korrodiert bereits seit einigen Jahren, wie bei der Notfallversorgung. Der Rettungswagen fährt schon länger nicht mehr nach St. Tönis. Qualitativ kritisieren wir das Angebot dabei nicht, aber wir brauchen eine starke medizinische Versorgung, in einigen Disziplinen ein besseres Facharztangebot und ein verlässliches und vor allem dauerhaft vertrauenswürdiges Angebot bei den Hausärzten.“

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