Willich: Selbsthilfe - Mit der Blitzrunde geht's los

Im Krumm tauschen sich Betroffene über Angst, Panik und Depressionen aus.

Willich. "Mir geht es gut!" Wilfried Ludewig strahlt. "Ich habe keine psychischen Probleme und nehme eine halbe Tablette weniger." Er wendet den Kopf und nickt Elke Schmitz* zu. "Ich habe mich zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder getraut, nach Krefeld einkaufen zu fahren", erzählt sie. Wegen der Angst vor Panik-Attacken beim Autofahren und in großen Kaufhäusern sei das bislang nicht möglich gewesen. "Allerdings war ich danach total erschöpft", sagt sie lachend.

Nun lehnt sich Udo Falke zurück, verschränkt die Arme hinter dem Kopf und holt Luft. "Nächste Woche fahren sowohl meine Familie als auch mein Arzt in Urlaub. Aber ich denke, dass ich damit umgehen kann", erklärt er. Als Nächste ist Gisela Meyer* an der Reihe. "Mir geht es nicht gut. Ich mache mir Sorgen um meine Tochter und habe das Gefühl, dass es mit mir bergab geht." Sie seufzt. Heike Strunk* macht weiter. "Ich habe einen Zitteranfall gehabt, als ich von meiner Mutter erfahren habe, dass ihre Darmspiegelung unterbrochen werden musste ", erzählt sie.

Mit der Blitzrunde, in der jeder seine Erlebnisse der letzten Woche erzählt, fängt jede Sitzung der Willicher Selbsthilfegruppe für Angst, Panik und Depressionen an. Seit rund vier Wochen treffen sich Wilfried, Elke, Gisela, Heike und zwei weitere Mitglieder im Wekelner Begegnungszentrum Krumm und sprechen über ihre Probleme. Udo Falke, Betroffener, Gründer der Willicher Selbsthilfegruppe und Leiter von zwei weiteren Gruppen in Viersen und Neuss, ist nur zu Gast.

"Oft kommen die Symptome ohne ersichtlichen Grund. Man hat zum Beispiel plötzlich erhöhten Blutdruck, Schweißausbrüche, Herzrasen oder einen zu hohen Puls, ist aber körperlich gesund", erklärt Udo Falke. Das sei es auch, was einen verrückt mache. "Die Ärzte können keine Krankheit feststellen und Freunde und Familienangehörige denken, man müsse sich nur zusammenreißen, wenn es einem plötzlich schlecht geht", erklärt der 46-Jährige.

So hat es auch Wilfried Ludewig erlebt, bei dem die Leidensgeschichte mit der Arbeitslosigkeit anfing. "Von einer Minute auf die andere konnte es passieren, dass ich erhöhten Blutdruck hatte und mein Herz sowie mein Puls rasten", erzählt er. Innerhalb von fünf bis sechs Jahren sei er mehrmals im Krankenhaus gewesen, wo man aber keine Krankheit habe feststellen können. "Ich habe gedacht, dass niemand so etwas hat und dass ich ein armes Schwein bin", erinnert er sich.

Bis er von der Selbsthilfegruppe erfuhr. "Plötzlich hatte die Sache einen Namen, ich fühlte mich nicht mehr alleine und konnte mit anderen Betroffenen daran arbeiten", erklärt der 56-Jährige. Heute ist er Leiter der neuen Donnerstagsgruppe, nimmt nicht mehr zwölf, sondern vier von den Tabletten, die für eine ausgeglichenere Stimmung sorgen sollen und hat sein Leben um 360 Grad gedreht. "Ich arbeite ehrenamtlich für die Lebenshilfe, fange im Herbst beim Malteser Hilfsdienst an und mache nur noch, was mir Spaß macht", erklärt der Hartz IV-Empfänger.

Angst-Symptome Hoher Puls, Nervosität ohne ersichtlichen Grund, Engegefühl im Brustbereich, hoher Blutsdruck, Schwindelgefühl, Schweißausbrüche, Übelkeit, Durchfall, Hitze- und Kältegefühle, Unkontrollierbare Gedanken, Schlaflosigkeit, Niedergeschlagenheit, sehr leichte Erregbarkeit und unerklärliche Schmerzen.

Hilfe Die Willicher Selbsthilfegruppe für Angst, Panik und Depressionen trifft sich jeden Donnerstag von 19.30 Uhr bis 21 Uhr im Wekelner Begegnungszentrum "Krumm".

Infos Anmeldungen nimmt Wilfried Ludewig unter 02154/ 40989 (von 12 Uhr bis 20 Uhr) oder unter 0172/ 5110011 entgegen.

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