Willich: Genesung - Vorfreude auf Zuhause

Ein Junge aus dem Jemen war 20 Monate zur Behandlung im Willicher Katharinen- Hospital.

Willich. Schüchtern blickt der 13-jährige Mohammed auf den Klinikboden und rückt nah an seine "Ersatzmama" Pflegerin Gabriele Daßler heran. Die vielen Leute, die im Kreis um ihn herum stehen, Fragen stellen und Fotos machen, verunsichern ihn.

Dabei hat er während seines rund 20-monatigen Aufenthalts im Katharinen-Hospital Willich nicht nur deutsch gelernt, sondern auch Freunde und Familienanschluss gefunden. In wenigen Tagen geht seine Zeit in Deutschland zu Ende.

Am 31. Januar 2009 kam Mohammed aus dem Jemen nach Willich. In seinem Heimatland hatte er sich bei einem schweren Verkehrsunfall einen komplizierten offenen Unterschenkelbruch zugezogen, der sich anschließend auch noch entzündete.

Eine ausreichende medizinische Versorgung war vor Ort nicht möglich. Darum holte ihn das Hammer Forum, das sich für verletzte Kinder in Kriegs- und Krisengebieten einsetzt, nach Willich.

"Im Zuge seiner schweren Verletzung mussten wir ihn fünf Mal operieren und dabei zunächst große Teile seines abgestorbenen Schienbeinknochens entfernen", erklärt Dr. Gerd-Uwe Neukamp, Chefarzt der Chirurgie. Danach mussten mehrere Knochentransplantationen durchgeführt werden. Erforderlich war außerdem eine langwierige Verschiebung des Wadenbeinknochens mit Hilfe einer Fixierung.

Mohammed hat also eine schwere Zeit hinter sich. Nicht nur, dass er viele zum Teil schmerzhafte Operationen über sich ergehen lassen musste, er war auch vollkommen alleine in einem fremden Land.

Zwar konnte er immer mal wieder mit seinen Eltern telefonieren, aber eine Familie zum Anfassen fehlte trotzdem. Hier kam Pflegerin Gabriele Daßler ins Spiel: "Ich bin seine deutsche Mama, sein Familienersatz hier vor Ort."

Aber nicht nur sie kümmerte sich um den Jungen, auch viele Ärzte, Pfleger und Mitpatienten halfen, die Zeit in Deutschland so angenehm wie möglich zu machen.

Familie El-Husain aus Neuss nahm Mohammed sogar mehrere Monate bei sich zu Hause auf, nachdem sie ihn im Krankenhaus kennengelernt hatten.

"Für Mohammed war es die ganze Zeit über sehr wichtig, dass er kleine Hilfstätigkeiten hier im Krankenhaus übernimmt", sagt Gabriele Daßler, der der Junge sichtlich ans Herz gewachsen ist.

Nachdem er lange Zeit kaum laufen konnte, ist er jetzt in der Lage dank einer Kunststoffschiene an seinem Unterschenkel, mit Krücken zu gehen. Die Schiene muss er noch einige Monate tragen, bis sein Wadenbeinknochen ausreichend verdickt ist und sein Gewicht tragen kann. Das kann aber auch in seiner Heimat weitergeführt werden.

"Am meisten freue ich mich auf meine Familie und meine Freunde", erzählt Mohammed. Die wird er am 30. Oktober wieder sehen, denn an dem Tag geht sein Flug in den Jemen. Am 23. Oktober findet noch eine große Abschiedsparty mit allen Wegbegleitern statt.

Während seiner Zeit in Deutschland hat er nicht nur die deutsche Sprache gelernt, sondern auch zum ersten Mal in seinem Leben Schnee gesehen. Weniger gefallen hat im das deutsche Essen. Er will trotzdem wieder kommen und in seiner Heimat vielleicht sogar eine deutsche Schule besuchen.

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