Willich: Finanzen - Kämmerer setzt den Rotstift an

Um Millionen-Schulden zu verhindern, hat Willy Kerbusch am Mittwoch im Stadtrat einen Spar-Haushalt vorgelegt.

Willich. Der stolze Viermaster ist in schwere See gekommen und droht die Masten zu verlieren. Doch Steuermann Willy Kerbusch hat reagiert und will das Ruder noch rechtzeitig herum reißen. Dazu braucht er aber die Unterstützung der kompletten Mannschaft.

Mit diesem Vergleich kann die Haushaltssituation der Stadt Willich beschrieben werden. Denn nach vielen guten Jahren, in denen die sprudelnden Steuereinnahmen aus den großen Gewerbegebieten großzügig ausgegeben werden konnten, hat der Sturm der Weltwirtschaftskrise Willich kalt erwischt.

Allein in diesem Jahr droht durch Steuerausfälle ein Finanzloch von fast zehn Millionen Euro. Die Prognosen für die nächsten Jahren sehen nicht besser aus. Wenn sie nicht eingreifen, erwarten Kämmerer Kerbusch und Finanzbereichsleiterin Maria Feiter bis 2013 eine Unterdeckung von 27 Millionen Euro. Rund 33 Millionen Euro werden an Dispo-Krediten in Anspruch genommen.

"Wir stehen hart am Rande der Zahlungsunfähigkeit", betonte Kerbusch gestern Abend bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs 2010 vor dem neuen Stadtrat. Und schob gleich hinterher: "Das dürfen und werden wir nicht zulassen."

Um den "Viermaster Stadt Willich" aus dem Sturm zu steuern, haben Kerbusch und sein Team ein über 100-seitiges Konzept mit dem Titel "Unser Weg aus der Krise" entworfen. Der Kurs, den sie vorzeichnen, ist alles andere als einfach: Zwei bis vier Jahre werden sich die Willicher auf Verzicht einstellen müssen, wenn die Ratsfraktionen den Vorschlägen folgen. Eine Alternative dazu scheint es aber kaum zu geben.

Allein an Einsparungen sind acht Millionen Euro vorgesehen. So wurden alle freiwilligen Zuschüsse um 50 Prozent reduziert, egal, ob es nun die Willicher Tafel, das Rote Kreuz oder die Würdigung von Ehrenämtern trifft. Auch die Repräsentationsmittel von Bürgermeister Josef Heyes und die Fortbildungsmaßnahmen der Verwaltungsmitarbeiter werden nicht ausgenommen.

Gespart werden soll bei der Bewirtschaftung von Gebäuden und bei den Festspielen, deren Zuschuss um 22.000 Euro geringer ausfallen wird. Gestrichen werden die Umwelttage (Ersparnis: 70.000 Euro).

Auch bei den geplanten Investitionen nimmt der Kämmerer Fahrt raus: Fünf Millionen Euro sollen durch Verschiebung und Streckung von Maßnahmen eingespart werden. So sind zum Beispiel der Umbau von Kaiserplatz und Friedrichstraße "in den nächsten Jahren nicht finanzierbar", wie Willy Kerbusch betont. Auch für Dinge wie neue Stühle für den Ratssaal (die alten stammen von 1980) ist im Moment kein Geld da.

Selbst in der Verwaltung haben noch nicht alle die Zeichen der Zeit erkannt: So flatterte dem Kämmerer ein Antrag auf den Tisch, ein digitales Schwarzes Brett fürs St.Bernhard-Gymnasium als "Pilotprojekt" für alle Schulen einzukaufen. Rund 30.000 Euro kostet eine einzige dieser elektronischen Tafeln. Kopfschüttelnd hat Kerbusch das Projekt gestoppt.

7,1 Millionen Euro sollen durch die Streckung der Schuldentilgung zurückgehalten werden. Nicht zuletzt ist geplant, die neue Tageseinrichtung Augustinerinnenstraße als PPP-Projekt umzusetzen. Was bedeutet, dass ein privater Partner den Neubau errichtet, den die Stadt dann im Mietkauf erwirbt. 1,4Millionen Euro können so zunächst gespart werden.

Durch das gesamte Sparpaket werden 21,5 Millionen Euro erzielt. Wobei Kerbusch gleich deutlich machte, dass selbst dies nicht ausreicht, wenn sich die Wirtschaft im nächsten Jahr nicht erholt oder sich weitere Steuerausfälle als Folge des Koalitionsvertrages der neuen Bundesregierung ergeben: "Dann wird es dauerhaft ans Eingemachte gehen."

Auch an Steuererhöhungen und der Erhebung von neuen Gebühren - etwa für Sportstätten - geht dann wohl kein Weg mehr vorbei. Bislang will die Stadt darauf verzichten, um ihrer Wettbewerbsfähigkeit nicht zu schaden.

Um die Krise zu überwinden, wird trotz aller Sparbemühungen bis 2012 mit 16 Millionen Euro fast die komplette Ausgleichsrücklage verfrühstückt. Schlechte Nachrichten also. Die gute hatte Kerbusch ans Ende seiner Rede gesetzt: Auch 2010 investiert die Stadt in Schulen, Feuerwehr und Straßen fast 15 Millionen Euro (siehe Kasten).

Schon am Wochenende beginnen die Haushaltsberatungen in den Fraktionen. Der Etat 2010 soll noch vor Weihnachten im Stadtrat verabschiedet werden.

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