Willich: Der Ärger nach dem Regen

Bei den starken Niederschlägen liefen am 17. August Keller und Felder voll. Stadt und Betroffene machen sich gegenseitig Vorwürfe.

Willich/Tönisvorst. Wer trägt die Verantwortung dafür, dass bei den starken Regenfällen in der vergangenen Woche Felder überflutet wurden und Keller vollgelaufen sind? Der Streit um die Beantwortung dieser Frage geht in die nächste Runde. Klar ist, dass weder das Kanalsystem im innerstädtischen Bereich noch das Rückhaltebecken am Klörather Steg die einschießenden Wassermassen bewältigen konnten.

Wie unsere Redaktion berichtete, standen daher am Dienstag der vergangenen Woche die Felder mehrerer Landwirte unter Wasser. Und in einem Anrather Wohngebiet gab es neben den "normalen" Fluten aus Regenwasser ein weiteres Problem: An der Pastor-Schoenenberg-Straße liefen Keller nach Angaben mehrerer Hausbesitzer auch mit Schmutzwasser aus der Kanalisation voll.

Betroffene Anwohner erheben jetzt ebenso wie die Landwirte Vorwürfe gegen die Stadt. Und das ortsübergreifend: "Auch in Vorst waren Felder und Wiesen entlang der Flöth betroffen", sagt Lara-Felicitas Skronski aus Tönisvorst. In ihren Augen reichen die bisherigen Schutzmaßnahmen nicht aus. "Vielleicht sollte man die Flöth vertiefen und stellenweise verbreitern", sagt sie. Ungenutzte Wiesen könne man als Flutungsflächen nutzen.

Und Klaus Stein, Anwohner der Pastor-Schoenenberg-Straße, hält die Kanalisation für nicht ausreichend, hat schon vor zwei Jahren mit einer Unterschriftenaktion im Rathaus auf das Problem aufmerksam gemacht: "Ohne Erfolg."

Der Willicher Bürgermeister Josef Heyes bleibt indes bei seinem Standpunkt, dass die Stadt ausreichend Vorsorge getroffen habe. "Und das sowohl im Bereich des Kanal- als auch des Regenrückhaltesystems", sagt er. Im Zuge des Klimawandels müsse zwar mit einer Häufung starker Regenfälle gerechnet werden. "Aber da können wir auch nichts machen."

Diese Einschätzung teilt Jürgen Greverath, stellvertretender Leiter des städtischen Abwasserbetriebs. Das Kanalsystem sei auf den so genannten "Berechnungsregen" angelegt - durchschnittliche Niederschlagsmengen, die die Landesregierung vorgebe. "Bei so viel Regen in kurzer Zeit kann es zum Rückstau im Kanal kommen", sagt er. "Dafür können wir keine Systeme herstellen."

Greverath und Heyes geben die Vorwürfe jetzt zum Teil an die Betroffenen zurück. Greverath: "Einige Hauseigentümer halten die Vorgaben nicht ein, nach denen Schmutz- und Regenwasser getrennt abgeleitet werden müssen."

Nur so sei zu erklären, dass in manchen Kellern Abwasser gelandet sei. Da wiederum widerspricht Klaus Stein: "Das ist Quatsch. Die allgemeine Kanalisation lief voll und das Wasser nicht ab", sagt er. "Dadurch wurden Gullideckel hochgedrückt, und das Wasser lief ungehindert in die Keller." Mit falsch gelegten Leitungen habe das nichts zu tun, Heyes wolle die Verantwortung abwälzen. "Schließlich hat die Stadt das ja auch alles mal so genehmigt", sagt er. "Die Angelegenheit stinkt zum Himmel."

Eine Lösung oder Entschädigung ist für die Betroffenen nicht in Sicht: "Da müssten Gutachter zunächst mal die Schuld der Stadt feststellen", sagt Heyes. Am 30. August will er als Vorstandsvorsitzender des Wasser- und Bodenverbands bei dessen nächster Sitzung über etwaige zukünftige Maßnahmen debattieren.

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