Wann darf man einen Baum fällen?

Eine Frau sorgt sich um zwei stattliche Bäume in Laschenhütte. Eine Baumschutzsatzung gibt es in der Stadt Tönisvorst nicht.

Wann darf man einen Baum fällen?
Foto: kul

Tönisvorst. Eine im Verwaltungsdeutsch als „Nachverdichtung“ bezeichnete Bebauung im Bereich Fasanenstraße/Laschenhütte hat möglicherweise zur Folge, dass dort zwei hochgewachsene, stattliche Bäume gefällt werden. Das befürchtet jedenfalls eine Frau in Tönisvorst, weil sie zurzeit Arbeiten auf einem Grundstück beobachtet. Sie habe vor Ort gehört, dass die Fällung der beiden „Mammutbäume“ geplant sei. „Das wäre doch eine Schande. Kann man da nichts machen?“, fragt die Frau, die ungenannt bleiben möchte.

Wann darf man einen Baum fällen?
Foto: Reimann

Der Eigentümer des Grundstücks hat den Antrag gestellt, auf dem rückwärtigen Teil seines Areals (750 Quadratmeter groß) zur Rebhuhnstraße hin ein Wohnhaus zu errichten. So steht es in der entsprechenden Begründung zur 3. Änderung des Bebauungsplans Tö 49. Das Plangebiet liegt im Süden von St. Tönis im Bereich des Wohngebietes Laschenhütte, Fasanenstraße und Feldburgweg.

Früher wurde auf dem Grundstück eine Chinchillazucht betrieben. Sie war bestandsgeschützt. In dieser Zeit wurde auf einen ausreichenden Sicherheitsabstand — 35 bis 45 Meter — zur nächsten Wohnbebauung geachtet.

Bei Aufgabe der Chinchillazucht aber sollte der Charakter vom Mischgebiet in ein „Allgemeines Wohngebiet“ umgeändert werden. „Diese Voraussetzung ist nunmehr nach erfolgter Aufgabe der Chinchillazucht eingetreten“, heißt es in der Vorlage, die im Planungsausschuss vorgelegt wurde.

Anfang des Jahres war die Offenlegung. Tönisvorster Bürger hatten einen Monat lang Zeit, Kritik und Anregungen zum Plan zu äußern.

Ob die Bäume weichen sollen, geht aus der öffentlichen Verwaltungsvorlage nicht hervor. Sicher aber ist: Sie stehen auf privatem Grund und sind im Bebauungsplan nicht als schützenswert festgesetzt worden. Das hat Jörg Friedenberg von der Stadtverwaltung auf Nachfrage bestätigt. Sie könnten — auch weil es in der Stadt Tönisvorst keine Baumschutzsatzung gibt — von dem Grundstückseigentümer gefällt werden. Es handelt sich bei den Bäumen auch nicht um Naturdenkmäler, so Friedenberg.

Über fristgerecht mitgeteilte Anregungen entscheidet der Planungsausschuss bzw. der Rat der Stadt. Ein Satzungsbeschluss liege, so Friedenberg, noch nicht vor. Das hat aber keinen Einfluss darauf, ob oder gegebenenfalls wann die Bäume gefällt werden. Das ist und bleibt die Sache des Eigentümers.

Im Februar 2017 diskutierte der Tönisvorster Umweltausschuss über die Fällung von Straßenbäumen am Biwak. Begründung für den Schritt: Ihre Pflege sei zu aufwendig. Meral Thoms, umweltpolitische Sprecherin der Grünen, kündigte in der Sitzung damals an, eine Baumschutzsatzung beantragen zu wollen. In Tönisvorst gebe es seit rund zehn Jahren keine solche Satzung mehr.

Grünen-Fraktionsvorsitzender Jürgen Cox musste im darauffolgenden Juni im selben Fachausschuss eine Niederlage einstecken. Die Grünen hatten betont, wie baumarm Tönisvorst mittlerweile sei. Die anderen Fraktionen stimmten dennoch nicht für eine Baumschutzsatzung.

Der damals zuständige Fachbereichsleiter Marcus Beyer nannte die Erstellung eines Baumkatasters als zu kosten- und arbeitsintensiv. Die Wirksamkeit, führte er aus, sei zu gering, zumal nach Erfahrungen anderer Gemeinden aufgrund von Alter, Größe und Stammumfang von Bäumen in 80 Prozent der Fälle sowieso eine Fällung genehmigt werden müsste. Beyer sagte damals auch: Fällungen aufgrund von Baumaßnahmen könne man eh nicht verhindern.

Für Bäume, die zuletzt im Bereich Biwak, Nordring, Lenen- und Tempelsweg sowie Viersener Straße gefällt worden seien, soll es im Herbst Ersatzpflanzungen geben. Das hat Jörg Friedenberg von der Stadtverwaltung Mitte März im Umweltausschuss angekündigt.

Im selben Gremium hatten die Grünen angeregt, Bürgern kostenlos Baumsetzlinge zur Verfügung zu stellen, um langfristig die durch den Sturm Friederike beschädigten und verlorenen Bäume zu ersetzen. Entsprechende Anfragen aus der Bevölkerung dazu lagen zu dem Zeitpunkt nicht vor.

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