Vorst: Einkaufen - Markt weiter in tiefer Krise

In Vorst bleiben die Kunden weg – über die Gründe herrscht keine Einigkeit. Im Gespräch ist ein Standortwechsel.

Vorst. Donnerstag, 10 Uhr in Vorst: Auf dem Marktplatz ist tote Hose. Gerade mal drei Händler stehen sich dort hinter ihrer Ware die Beine in den Bauch, ein paar verstreute Menschen laufen über das Areal, ohne stehenzubleiben. Kunden? Fehlanzeige.

Und diese Entwicklung ist nicht neu: Schon seit Jahren bleiben dem Markt die Kunden weg, die meisten Händler haben längst aufgegeben.

Ger Derkx, Käsehändler aus den Niederlanden, versteht das Einkaufsverhalten der Vorster nicht: "An uns liegt es nicht", sagt er. "Wir sind ja noch da, und die Preise stimmen auch." Anfangs hätten die Kunden an allen Ständen Schlange gestanden, heute verirre sich kaum noch jemand auf den Markt.

"Die Vorster nehmen einfach nichts Neues an", meint der Obst- und Gemüsehändler Heinz Mülders. "Aber wenn es dann wirklich irgendwann keinen Markt mehr gibt, schreien alle."

Es ist ein Teufelskreis: Weniger Kunden bedeuten auf Dauer eine Reduzierung des Angebots, weil Händler aufgeben. Das wiederum macht den Markt unattraktiver.

Schon jetzt scheint er im Vergleich zum nahe gelegenen Supermarkt nicht konkurrenzfähig. Und die drei derzeit verbliebenen Händler schieben die Schuld auf die Vorster. Ihr Argument: Auf anderen Märkten laufe es ja auch gut.

"Uns fehlen vor allem die jungen Leute, die auch mal was Exklusiveres kochen wollen", sagt Philipp Stobbe, Fisch- und Wildhändler mit eigenem Stand.

Um das zu unterstreichen, zeigt er auf einen Barrakuda - eine Hechtart, die es sonst in Vorst wohl nirgendwo zu kaufen gibt. "Keiner kommt. Eigentlich ist der Markt für uns nur noch Beschäftigungstherapie."

Die Ursachenforschung erweist sich indes als schwierig. Dass der Grund für die Kundenflaute überhöhte Preise sein könnten, weisen die Händler weit von sich. "Das ist Quatsch", sagt Mülders. "Für eine gute Qualität zahlen die Leute auch gerne mehr." Der Vorster an sich sei eben stur und tue sich schwer mit neuen Angeboten.

Da widerspricht Regina Bormann vehement. Ihr gehört die Apotheke am Marktplatz, sie hat einen direkten Blick aufs Geschehen. Und macht nach persönlichen Erfahrungen vor allem den Gemüsehändler für das Scheitern des Marktes verantwortlich: "Er zeichnet nur einen Teil seiner Ware aus, und manchmal macht er seine Preise sogar völlig willkürlich."

Eine ihrer Mitarbeiterinnen habe vor einiger Zeit morgens ein paar Kiwis für 40 Cent gekauft, nachmittags hätten sie dann plötzlich 70 Cent gekostet. Diese Geschäftspolitik habe die Kunden schlicht verprellt.

"Und auch insgesamt ist er einfach zu teuer", meint sie. Am Donnerstag habe sie für ein Kilo Trauben fünf Euro bezahlt, das sei "heftig". Vor allem die vielen älteren Menschen in Vorst könnten solche Preise nicht bezahlen.

Karl-Heinz Fruhen, der Vorsitzende der Werbegemeinschaft Vorst aktiv, hält vor allem den Standort des Marktes für überholt. Zusätzlich würden viele Bauernläden im Umkreis dem Markt die Kundschaft abgraben.

"Wir müssen stärker auf uns aufmerksam machen. Nur Insider wissen, dass dort überhaupt etwas stattfindet", sagt er. Er plädiert dafür, den Markt probeweise auf den Parkplatz der Volksbank zu verlegen. "So werden auch Menschen aufmerksam, die die Durchgangsstraße nutzen."

Die Zukunft des Marktes ist nächste Woche auch Thema im Wirtschaftsausschuss. Die CDU hat die Verwaltung aufgefordert, einen Sachstandsbericht über die aktuelle Situation zu geben.

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