Von nadelnden Bäumen und toten Förstern

Den Stress zu Weihnachten nahmen Ruth Marquardt und Nicole Johannhanwahr aufs Korn.

Schiefbahn. „Ach, du fröhliche . . .“: So fröhlich ist die Weihnachtszeit gar nicht immer. Sie kann ganz schön stressig sein, eine Belastungsprobe für fragile Beziehungen, aber auch sentimental und beschaulich. Die ganze Bandbreite weihnachtlicher Stimmungen hatten Nicole Johannhanwahr aus Bonn und Ruth Marquardt aus Mülheim/ Ruhr in ihre Lesung gepackt und damit für ein ausverkauftes KaffeeArt gesorgt.

Das Duo begann seine Lesung mit dem Text eines unbekannten Verfassers — es ging um die Einladung eines Chefs zu einer Betriebsfeier. Höchst amüsant die Spielregeln, die er da aufstellte. Was er sich verbat: Dass sich Mitarbeiter im alkoholisierten Zustand hereintragen lassen, dass jemand direkt neben dem Buffet Platz nimmt, dass der Hagebuttentee nicht wieder gegen Super bleifrei ausgetauscht wird.

Die nächste Geschichte machte deutlich, dass ein Tannenbaumkauf einer wackeligen Beziehung den Rest geben kann. Traurig die Story vom kleinen Felix, der zu Weihnachten ein Glas Senf kaufen soll, es unterwegs fallen lässt und erst nach fünf langen Jahren wieder zu seinen Eltern zurückkehrt.

„Kennen Sie Loriot?“ Die Damen schienen den Schiefbahnern nicht viel Bildung zuzutrauen. Egal — das Gedicht vom Förster, der von seiner Frau „erlegt“ und zerlegt wird, war schaurig-schön. Ganz anders, aber ebenso bizarr und albtraumhaft die Geschichte von „Titanic“-Mitbegründer Robert Gernhardt: Der Anarcho-Weihnachtsmann kommt zwar bei den Kindern gut an, ist aber vor allem für den autoritären Hausherren eine Qual.

Auch wenn ihnen das Sächsische nicht ganz so leicht von den Lippen ging, den beiden Damen, aber das Drama „Der Baum nadelt“ gefiel als Musterbeispiel dafür, wie schnell aus nichtigem Anlass eine Hysterie erwachsen kann. Schwur gebrochen: Eine Geschichte verdeutlichte, wie schwer es ist, sich tatsächlich nichts zu schenken.

Sie kreischten wie Sirenen, Ruth Marquardt und Nicole Johannhanwahr, als sie einen Text rezitierten, in dem das friedvolle Weihnachtsfest einen lautstarken Streit zwischen Eheleuten hervorrief. Zum Schluss wurde es noch besinnlich: Das Publikum wurde mitgenommen auf eine meditative Reise zu sich selbst — eine Einstimmung auf eine besinnliche, harmonische Zeit.

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