Schiefbahn/Rom Von Mutter Teresa nach Indien geholt

Lepraarzt Dr. Remy Rousselot begegnete der nun heilig gesprochenen Ordensfrau erstmals im Februar 1983 in Kalkutta.

Schiefbahn/Rom: Von Mutter Teresa nach Indien geholt
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Schiefbahn/Rom. Am 4. September wurde Mutter Teresa von Papst Franziskus in Rom heilig gesprochen. Dr. Remy Rousselot, Leprachirurg in Indien, der lange Zeit mit Mutter Teresa zusammengearbeitet hat, berichtet im Interview mit der Aktion Mission und Leprahilfe (AML) Schiefbahn über seine Begegnungen und Erfahrungen mit Mutter Teresa

Schiefbahn/Rom: Von Mutter Teresa nach Indien geholt
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Dr. Rousselot, wann und wo sind Sie Mutter Teresa zum ersten Mal begegnet?

Dr. Rousselot: Zum ersten Mal traf ich Mutter Teresa am 7. Februar 1983 in Kalkutta — während meines ersten Indien-Besuchs. Die Patres Raymond und Pierre Jaccard, mit denen ich von 1978 bis 1983 in verschiedenen afrikanischen Ländern in diversen chirurgischen Rehabilitationseinrichtungen für Leprakranke zusammengearbeitet hatte, waren schon seit einiger Zeit in Verbindung mit ihr und luden mich zu einer gemeinsamen Reise nach Indien ein. Ich stimmte dieser Reise nur zögerlich zu, da ich mein Leben auf den Spuren von Albert Schweitzer in Afrika verbringen wollte. Sobald wir angekommen waren, begrüßte uns eine gut gelaunte Mutter Teresa.

Wie beeinflußte diese Begegnung Ihre Entscheidung, als Leprachirurg in Indien zu bleiben?

Rousselot: Als die Patres mich ihr als Leprachirurg vorstellten, rief sie uns in ihr Zimmer, nahm ein Stück Papier und schrieb etwas darauf, bevor sie mir das Papier gab. Auf dem Papier stand: „ Dr. Remy, YOU-DID-IT-TO-ME“ (Dr. Remy, ihr habt es mir getan) — ein Zitat aus dem Matthäus-Evangelium: „Was Ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt Ihr mir getan.“ Sie sagte: „ Ich werde Ihnen helfen, in Indien bleiben zu können.“ Ich war verblüfft, denn sie hatte mich gar nicht nach meinen Plänen gefragt. Sie sagte nur noch: „ Machen Sie genau das, was ich Ihnen sagen werde — nicht mehr“ und setzte mit einem Lächeln hinzu „aber auch nicht weniger.“ Es war also eher Mutter Teresas als meine eigene Entscheidung, dass ich in Indien bleiben würde. Ich begann also meine Arbeit in „Shantinagar“, dem ersten von Mutter Teresa gegründetem Leprazentrum.

Dr. Rousselot, gibt es einen Gedanken oder ein Zitat von Mutter Teresa, welches Sie noch heute in Ihrer täglichen Arbeit begleitet?

Rousselot: In ihrem Brief vom 11.April 1985 wünschte Mutter Teresa mir viel Erfolg für meine Tätigkeit im Leprazentrum in Janla/Orissa. Sie schrieb: „Wir danken Gott dafür, dass es Sie gibt, weil er Ihnen seine eigenen Hände geschenkt hat, um Ihn selbst durch die Leprakranken zu berühren und ihre leidenden Körper wieder rein zumachen.“ An diese Worte denke ich oft, wenn ich die Kranken untersuche und operiere.

Besitzen Sie noch ein Erinnerungsstück an Mutter Teresa?

Rousselot: Ja, tatsächlich gibt es das. Es ist ein kleines gerahmtes Bild von Maria, der Mutter Gottes, welches sie mir geschenkt hat, als ich nach den ersten drei Monaten in Indien wegen akuter Hepatitis und Nierenproblemen nach Frankreich zurückkehren musste und zu mir selbst sagte: „Nie wieder Indien!“ In der Nacht, bevor ich nach Frankreich gebracht werden sollte, erschien Mutter Teresa im Krankenhaus und gab mir eineWundertätige Medaille der Rue du Bac in Paris sowie das kleine gerahmte Bild der Mutter Gottes, das vorher in ihrem Schlafraum gestanden hatte, und wünschte mir gute Besserung. Sie sagte: „Kommen Sie bald zurück.“ Das kleine Bild hat mich seitdem in alle Operationsräume begleitet, wo ich gearbeitet habe und es steht heute in Leprahospital Gandhiji Seva Niketan — und ich bin natürlich nach meiner Genesung nach Indien zurückgekehrt. Red

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