Bürgermonitor Vermieter darf vermüllte Wohnung nicht säubern

Willich · Eine verstorbene Mieterin hat Franz Beyss eine völlig verschmutzte Wohnung hinterlassen. Dem Vermieter sind die Hände gebunden. Er darf die Räume nicht reinigen, da das Erbe nicht geklärt ist.

 Wegen des stechenden Geruchs betritt Vermieter Franz Beyss die Wohnung seiner verstorbenen Mieterin nur mit Maske.

Wegen des stechenden Geruchs betritt Vermieter Franz Beyss die Wohnung seiner verstorbenen Mieterin nur mit Maske.

Foto: Norbert Prümen

Dutzende von leeren Wodkaflaschen und Bierdosen, aufgerissene Medikamentenpackungen, geöffnete Lebensmittelverpackungen, deren Inhalte über Böden, Tische und Schränke verteilt sind, mit Katzenkot verunreinigte Fußböden, Plastiktüten mit undefinierbaren Inhalten, verschmierte Bekleidungsstücke – der Anblick ist grauenvoll. Dazu kommt ein stechender Geruch. „Mir sind die Hände gebunden. Ich darf hier laut Aussagen der Städte Willich und Kempen nicht aufräumen und säubern“, sagt Franz Beyss. Dem Vermieter ist die Verzweiflung anzumerken.

„Ich halte diesen Zustand für meine weiteren Mieter für gesundheitsgefährdend. Aber das scheint niemanden zu interessieren“, sagt Beyss. Für ihn stellte die Vermietung seiner Dachgeschosswohnung mitten in Willich bislang kein Problem dar. Eine alleinstehende Frau bewohnte die Zwei-Zimmer-Wohnung, die Miete ging pünktlich ein. Die Situation änderte sich allerdings mit einem Anruf seines Hausmeisters am 7. Dezember. „Er rief mich gegen 19 Uhr an und teilte mir mit, dass die Mieterin in der Wohnung verstorben und die Polizei vor Ort sei“, berichtet Beyss. Ein Bekannter der Mieterin hatte diese alarmiert, da er sie nicht mehr erreichen konnte.

Nach Betreten der Wohnung durch die Polizei – das Schloss der Wohnungstüre musste dazu aufgebrochen werden – stießen die Beamten auf die Leiche. Sie versiegelten die Wohnung, und das Ermittlungsverfahren lief an. „Mich kontaktierten die Schwestern der Verstorbenen und teilten mir mit, dass sie die Wohnung leer räumen würden“, erzählt Beyss. Das polizeiliche Siegel wurde aufgehoben, damit die Schwestern die Wohnung betreten konnten. Dann gingen dem Vermieter per Post plötzlich die Schlüssel zu, und er erhielt die Information, dass die Schwestern davon Abstand genommen hätten, die Wohnung leer zu räumen. Warum dies so war, stellte Beyss am 18. Dezember selber
fest.

Jugend- und Ordnungsamt haben laut Beyss die Reinigung verboten

Zusammen mit seinem Hausmeister suchte er die Wohnung auf, da sich bereits im oberen Flur des Mehrparteienhauses ein merkwürdig stechender Geruch breitgemacht hatte. Beyss und sein Hausmeister fanden die völlig vermüllte und verschmutzte Wohnung vor. Für den Vermieter war klar, dass er sofort anpacken, aufräumen und säubern wollte. Doch das darf er nicht. Erst müssen die Erbverhältnisse geklärt sein. Das sei ihm vom Jugendamt der Stadt Kempen mitgeteilt worden, und auch das Ordnungsamt der Stadt Willich habe ihm untersagt, tätig zu werden, berichtet der Vermieter.

Es gibt wohl eine jüngere Tochter, die mittels Vormund über das Kempener Jugendamt betreut wird. „Ich habe in den vergangenen Tagen nur telefoniert und bin hin und hergeschoben worden. Die eine Verwaltung verwies dabei auf die andere. Das Jugendamt in Kempen nannte das Willicher Ordnungsamt als Ansprechpartner und umgekehrt. Die Polizei fühlt sich nicht zuständig, und auch das Gesundheitsamt des Kreises Viersen wies mich mit meinen Anfragen zurück“, sagt Beyss. Das sei alles privatrechtlich, bekam der Vermieter zu hören. „Der Vermieter muss beurteilen, ob von der Wohnung eine Gefährdung ausgeht, und die entsprechenden Maßnahmen über das Gesundheits- beziehungsweise Ordnungsamt in die Wege leiten. Vom Jugendamt gibt es kein Verbot. Das Kind befindet sich noch nicht in Erbstellung. Wir sind über den Vormund nur die Mittler. Das Erbe muss aber zunächst vom Vormund gesichtet werden“, sagt Michael Klee, der Beigeordnete der Stadt Kempen, auf
Anfrage.

Wann eine solche Sichtung, unter anderem in Form eines Besuches der vermüllten Wohnung, ansteht, konnte aber nicht gesagt werden. Das Ordnungsamt habe nichts verboten, behauptet Willichs Beigeordnete Brigitte Schwerdtfeger. „Wir haben mit der Polizei gesprochen. Aus deren Bericht geht keine Gesundheitsgefährdung hervor. Wer sollte denn auch gefährdet sein?“, meint Schwerdtfeger. Die Pressestelle der Polizei teilte indes mit, dass in dem verfassten Bericht zu dem Todesfall gar kein Bezug zu einer Gesundheitsgefährdung abgegeben wurde, weder positiver noch negativer Art. „Wir als Polizei können dies gar nicht beurteilen. Wir sind für die Ermittlung zuständig. Das Ermittlungsverfahren ist abgeschlossen. Es gibt ein Aktenzeichen bei der Staatsanwaltschaft“, sagt Polizeipressesprecher Wolfgang Goertz. Das Gesundheitsamt des Kreises Viersen sieht sich ebenfalls nicht in Vollzugszwang. „Es handelt sich um eine rein privatrechtliche Angelegenheit zwischen Vermieter und Mieter. Das Gesundheitsamt ist nicht involviert“, heißt es von der Pressestelle des Kreises Viersen.

Beyss hat inzwischen einen Termin mit dem Haus- und Grundbesitzverein ausgemacht und hofft, dass er eine Aussage zur Rechtslage bekommt. Denn dem jetzigen Zustand mit dem immer strenger werdenden Geruch und möglichen Folgen wie Schimmel- und Pilzbefall in der Wohnung will er auf jeden Fall schnellstmöglich entgegenarbeiten. Für ihn ist es unverständlich, dass es ihm laut der erteilten Auskünfte derzeitig nicht gestattet ist, die Wohnung zumindest in einen müllfreien und gereinigten Zustand zu versetzen.

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