Umgang mit Behinderten: Ärger beim Einstieg in Straßenbahn

Renate Müller aus St. Tönis bemängelt den Umgang vieler Bahnfahrer mit Behinderten.

Umgang mit Behinderten: Ärger beim Einstieg in Straßenbahn
Foto: Kurt Lübke

Krefeld/St.Tönis. Der jüngste Vorfall habe das Fass zum Überlaufen gebracht. „Der Höhepunkt in einer Kette von unglaublichen Vorfällen“, sagt Renate Müller (61). Mal habe ein Bahnfahrer der Stadtwerke Krefeld (SWK) sie und ihre im Rollstuhl sitzende Enkelin am Straßenrand stehen lassen. Ein anderes Mal habe der Bahnfahrer sie gebeten, doch bitte bald auszusteigen, weil der Rollstuhl zu viel Platz wegnehme.

Im Dezember nun die für Renate Müller traurige „Krönung“: „Wo kommen wir denn da hin, wenn wir jedem Behinderten oder alten Menschen helfen würden“, soll der junge Bahnfahrer gesagt haben. Für Renate Müller geht es um Respekt und den richtigen Umgang mit körperlich behinderten Menschen.

Zur Vorgeschichte: Die 61-Jährige war an einem Samstag im Dezember mit ihrer Tochter und der körperlich behinderten Enkelin in Krefeld unterwegs. Nach einem Besuch auf dem Weihnachtsmarkt und im Kino wollten sie gegen 18 Uhr die Straßenbahnlinie 41 zurück nach St.Tönis nehmen. Beim Einsteigen kam es aufgrund der Stufen zu Schwierigkeiten mit dem Rollstuhl der Enkelin. Zwei weitere Fahrgäste boten ihre Hilfe an.

Dann, so Renate Müller, sei der Bahnfahrer ausgestiegen und habe säuerlich gesagt: „Eigentlich brauche ich Sie gar nicht mitzunehmen.“ Sie sollten doch bitte auf die nächste Bahn warten. „Damit waren wir nicht einverstanden“, sagt Müller. Daraufhin habe der Fahrer sie aufgefordert, im hinteren Teil der Bahn einzusteigen.

Auf dem Weg dorthin habe der Fahrer gesagt: „Ich bin in keiner Weise verpflichtet, Rollstuhlfahrer mitzunehmen oder sonst irgendwie behilflich zu sein.“ Renate Müller war völlig perplex, notierte sich später den Namen des Bahnfahrers und schrieb eine erste Beschwerde an die SWK-Mobil.

„Es geht hier um den Umgang miteinander“, sagt Müller. „Das ist diskriminierend, wenn behinderte Menschen so behandelt werden.“ Man müsse, so Müller, schließlich mal an die Enkelin denken, die das „rüde Verhalten in erster Linie treffe“. Auf die erste Beschwerde folgte keine Rückmeldung, auf die zweite — nun an den SWK-Vorstand — gab es eine Antwort.

SWK-Pressesprecherin Dorothee Winkmann sagt, dass nach Überprüfung des Vorfalls und mehrmaliger Kontaktaufnahme mit Renate Müller eine Entschuldigung verschickt wurde. Verfasser des Briefes: Guido Stilling, Geschäftsführer der Stadtwerke Krefeld. Für Müller nicht genug.

Auf Nachfrage der WZ gibt Winkmann zu, dass es öfter zu Problemen mit Rollstühlen, Rollatoren oder Kinderwagen komme. „Wir nehmen sie gerne mit, aber wenn die Bahn sehr voll ist, kann es schnell zu Platzmangel kommen.“ Renate Müller missfalle allerdings viel mehr das grundsätzliche Verhalten vieler Bahnfahrer gegenüber Behinderten. „Im Umgang mit den behinderten Menschen muss sich was ändern.“ Die SWK hält dagegen, dass Müllers Enkelin keinesfalls despektierlich behandelt worden sei. Warum sie immer noch so wütend sei, könnten die SWK, so Winkmann, nicht verstehen.

Dass die Bahnfahrer Gästen beim Einsteigen helfen müssen, sei tatsächlich nicht vorgeschrieben. „Da gibt es Sicherheitsvorschriften, die das verhindern“, erklärt Winkmann. Der Bahnfahrer könne nicht einfach seine Kabine verlassen. Für die Stadtwerke stelle sich lediglich eine Frage: „Was erwartet Frau Müller jetzt noch?“

Sie wünscht sich eine persönliche Entschuldigung des Fahrers — nicht bei ihr, sondern bei der Enkelin. Um die Wogen zu glätten, versicherte Dorothee Winkmann im Gespräch mit der WZ, „wollen wir die Enkelin alsbald kontaktieren“.

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