Corona-Folgen : Tönisvorst: Wie geht’s den Wohnzimmer-Musikern?
Tönisvorst Bislang trafen sich Musiker aus der ganzen Welt in der guten Stube von Guido Beckers. Der St. Töniser hat sich bei ihnen erkundigt, wie sich die Einschränkungen durch das Coronavirus auf sie auswirken.
Das grassierende Virus hat weltweit so vieles verändert, dass man schon fast außer Acht lässt, dass Karneval erst fünf Wochen her ist. Dass man in Gaststätten gehen konnte, in alle Geschäfte und zur Kirche. Und auch Konzerte und Theater besuchen konnte. All das geht bis auf Weiteres nicht mehr. Die Folgen der Krise treffen die Menschen auf unterschiedliche Weise. Bezogen auf die Kultur fehlt den regelmäßigen Besuchern von zum Beispiel Konzerten das Live-Erlebnis. Den Künstlern aber fehlt sehr viel mehr, meist ein wichtiger Teil ihres Lebensunterhaltes, wenn nicht der einzige. Denn viele Künstler sind komplett von Einnahmen abgeschnitten.
Der Pandemie zum Opfer fiel am Samstag auch ein Wohnzimmerkonzert bei Ruth und Guido Beckers in Tönisvorst. Der Essener Singer-Songwriter Martin Praetorius sollte spielen, aber das Virus machte ihm, den Gastgebern und Gästen einen Strich durch die Rechnung. Ein wenig Musik gab es doch – über Facebook aus der Konserve. Ein Konzert aus den vergangenen Tagen wurde gestreamt und gemeinsam, aber eben an verschieden Orten geschaut.
Diese Streaming-Konzerte sind für viele Musikerinnen und Musiker aktuell die einzige Möglichkeit, mit ihren Fans in Verbindung zu treten. Live, aber ohne die zu Konzerten gehörende Atmosphäre. Auch einige Musiker, die im Laufe der vergangenen Jahre schon in Tönisvorst gespielt haben, und zu denen die Beckers freundschaftliche Kontakte pflegen, wissen von solche Konzerten zu berichten. Sie können auch erzählen, wie es in deren Heimat aktuell aussieht. Guido Beckers blickt für die WZ in die Musikwelt.
Live-Musik aus dem „Quarantine Café“ in Philadelphia
So nach Philadelphia, wo Ben Arnold lebt. Vor nicht einmal drei Wochen spielte er mit seiner Band „US Rails“ in Mülheim an der Ruhr. Es war ein spontanes Konzert, da der Band alle Italien-Gigs abgesagt wurden. Eigentlich wollte die Band in Wesel spielen. Aber vor zwei Wochen traf die Band die für alle beste Entscheidung zur Absage – für Fans, die Band und den Familien. Am Vorabend noch hatte man in Heilbronn ein Konzert gegeben und mitgeschnitten, danach ging es über Berlin zurück in die Staaten.
„Es ist schwierig, die Enttäuschung auszudrücken, die wir alle empfanden, als wir die US-Rails-Tour durch Europa so abrupt beenden mussten“, schreibt Ben Arnold. Zu Hause ging es erst einmal in eine Quarantäne. Gemeinsam mit dem Mitmusiker Matt Muir. Arnold hat immerhin einen Job als Teilzeit-Highschool-Lehrer und konnte einen Teil der Arbeit online erledigen. Aber auf Musik wollten er und Muir nicht verzichtet. Und gestalteten ein „Quarantine Café“, aus dem heraus man gemeinsam die eigenen Songs und die Musik der US-Rails streamte. Gitarre, Stimmen und ein improvisiertes Drumkitt reichten für eine für die Fans schöne Stunde. Beide freuten sich über viel Feedback von Fans aus der ganzen Welt. Und weitere Konzerte haben sie schon geplant – online natürlich. Ben Arnold freut sich auf die Zukunft und auf eine akustische US-Rails-Tour im Herbst, die vielleicht ja auch in unsere Region kommt. In Tönisvorst war Arnold im September 2019, gemeinsam mit seinem Musikerfreund Hans Ludvigsson.