Brauchtum Steht St. Tönis vor dem letzten Schützenfest?

Die Artillerie schlägt Alarm: Durch immer neue Auflagen der Stadt seien Feste kaum mehr zu finanzieren.

Brauchtum: Steht St. Tönis vor dem letzten Schützenfest?
Foto: Reimann

Tönisvorst/Willich. Am Wochenende beginnt die Zeit des Sommerbrauchtums: Sowohl in Vorst (Kander), als auch in Neersen (Klein-Jerusalem) gehen die Schützen auf die Straße. Auf die Barrikaden gehen Schützen schon sehr viel länger. Sie fühlen sich durch diverse Auflagen vonseiten der Stadtverwaltungen in die Mangel genommen.

Nachdem in den vergangenen zwölf Monaten vor allem die Willicher Schützen protestiert hatten (bis hin zu einer Demonstration vor dem Neersener Schloss im Mai 2014), melden sich nun die Kollegen aus St. Tönis zu Wort. Im Festheft der Artilleriegruppe für das Heimatfest, das vom 14. bis 17. Mai gefeiert wird, heißt es auf Seite 39 „in eigener Sache“: „Voraussichtlich wird es das letzte Schützenfest sein, welches wir feiern können.“

Wie der vom Vorstand unterzeichnete Text ausführt, lege die Stadtverwaltung den Vereinen so viele Bestimmungen auf, dass es nicht mehr möglich sei, diese zu finanzieren. Unterstützung seitens der Stadt für Brauchtumsfeste gebe es nicht. „Im Gegenteil, man muss immer mehr Auflagen erfüllen, die eine Menge Geld kosten, wie zum Beispiel Brandwache der Feuerwehr, Security.“ Welcher Verein könne sich bei wenigen Mitgliedern und Sponsoren ein solches Fest noch leisten?

Natürlich müsse man Regeln beachten. Aber man könne nicht eine Stadt mit der anderen vergleichen. Ohne deren Unterstützung gingen Schützen- und Karnevalsvereine, Straßengemeinschaften und andere Organisationen kaputt, was ja leider schon passiert sei, kritisiert der Vorstand der Artillerie.

Im benachbarten Willich hatten die Argumente ähnlich geklungen. Vor allem der Streit um Sicherheitsauflagen eskalierte dabei so heftig, dass Bürgermeister Josef Heyes jüngst im Hauptausschuss erklärte: „Ich möchte mich nicht wieder mit bösen Worten von den Schützen abwatschen lassen.“

Mittlerweile wird in der Festspielstadt versucht, die Wogen zu glätten. Im Ausschuss wurde beschlossen, dass der Bürgermeister alle Fest-Veranstalter, die Parteien und die Kollegen vom Verwaltungsvorstand zu einem Gespräch einladen soll. Zuvor soll die Verwaltung allerdings prüfen, ob es andere Methoden als die bisher angewandten gibt, um den Umfang des Sanitätsdienstes zu ermitteln, und ob diese für die Schützen und andere Fest-Ausrichter weniger belastend sind. Wie Josef Heyes dazu am Dienstag erklärte, sei diese Prüfung noch nicht abgeschlossen.

Tönisvorsts Ordnungsamtsleiter Wolfgang Schouten hat die massive Kritik der Schützen zurückgewiesen: „Wir haben uns hier sehr gewundert.“ Verschärft hätten sich die Auflagen seit drei Jahren nicht. „Wir können uns von den Standards, die das Land vorgibt, nicht freisprechen“, erklärt Schouten, „aber wir sind kein Verhinderungsamt“. Man könne immer im Rahmen der Auflagen auf Stellschrauben hinweisen, die möglicherweise Kosten verringerten. Familie Schulz sei vor vielen Wochen bei ihm gewesen, um Fest und Sicherheitskonzept zu besprechen. „Seitdem hat sich niemand mehr an mich oder meine Kollegen gewandt“, sagt Schouten.

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