Stautenhof in Anrath Hier wird noch klassisch im Holzofen gebacken

Serie | Anrath · Im Holzbackofen des Stautenhofs in Anrath werden mit großem Aufwand Brote aus dunkleren Mehlen gebacken. Dies erfordert Erfahrung und Gefühl. Die Kunden schwören auf das spezielle Aroma und die besonderen Krusten.

 Der Teig ist fertig. Nach der Ruhezeit muss Bäcker Markus Wellen ihn nur noch in Form bringen und in den vorgeheizten Backofen schieben.

Der Teig ist fertig. Nach der Ruhezeit muss Bäcker Markus Wellen ihn nur noch in Form bringen und in den vorgeheizten Backofen schieben.

Foto: Norbert Prümen

Im Innenhof des Stautenhofs in Anrath öffnet Bäcker Markus Wellen (53) eine Klappe in der gemauerten Ziegelsteinwand. Lodernde Holzscheite tragen eine Hitzewelle nach außen. Der Stautenhof, über die Stadtgrenzen hinaus bekannt für seinen Hofladen mit Naturkost und Bioprodukten, Metzgerei, Bäckerei und Bistro, leistet sich mit einem großen Holzbackofen etwas Seltenes, Besonderes und Aufwändiges. Seit 2013 wird in dem Häussler-Ofen an fünf Nächten pro Woche nach alter Tradition Brot gebacken.

Bereits am Nachmittag befüllt ein Mitarbeiter den Ofen mit rund 70 Kilogramm Holz und feuert ihn an. Das Holz stammt aus der Region. Verwendet werden Weichhölzer wie Fichte, Tanne und Kiefer. Die angelieferten Baumstämme werden auf etwa 1,20 Meter gekürzt. In Holzkisten werden die Scheite zum Trocknen gestapelt und mindestens ein Jahr gelagert.

Gegen 20 Uhr beginnt die Schicht der Bäcker Markus Wellen, Simone Lindenberg und Jacqueline Haumann. Markus Wellen ist schon seit zehn Jahren auf dem Stautenhof beschäftigt. Als er das Stellenangebot gesehen hat, habe er sich sofort beworben. „Da stehe ich hinter“, sagt er. Zunächst gab es einen freistehenden Ofen im Hof, 2013 dann wurde der fest eingebaute Häussler-Backofen aus Heiligenkreuztal in Betrieb genommen.

Das Backen in einem Holzbackofen erfordert viel Erfahrung und Gefühl. Oftmals legt Markus Wellen noch Holz nach, das in einem Gestell neben dem Ofen bereit steht. Dann gilt es, den Zeitpunkt abzupassen, an dem der Ofen die richtige Temperatur erreicht. Satte 500 Grad sind dies, meist gegen Mitternacht ist es so weit. Dann räumt der Bäcker mit einem hitzeresistenten Besen die Glut aus und beginnt mit dem Backvorgang. „Wenn der Ofen zu heiß geworden ist, muss ich halt noch eine halbe Stunde warten, bis er etwas runtergekühlt ist“, erzählt Markus Wellen. Die Teiglinge sind zu diesem Zeitpunkt bereits backfertig vorbereitet.

Die Bäckerei des Stautenhofs bietet 40 Sorten Brot und 20 Sorten Brötchen. Jede Zutat hat Bio-Qualität. Jedes Produkt ist handwerklich gefertigt. In der Backstube stapeln sich Wannen mit Aufschriften wie Aprikosen, Quinoa, Dinkelflocken, Nüsse oder Hartweizengrieß. Roggen- und Weizenvollkornmehle stammen aus eigenem Feldanbau und werden in der Holzmühle auf einem Mühlstein gemahlen.

Andere Mehle wie Dinkel-, Dinkelvollkorn-, Kamut- und Einkornmehl werden geliefert. Taigabrot, Paderborner, Roggenkorn und Schwarzbrot etwa sind nur aus hofeigenem Getreide hergestellt. Auch der Sauerteig, der als Triebmittel dient, stammt aus eigener Produktion. Er gärt in großen weißen Eimern heran und wird regelmäßig neu angesetzt.

Bis zu 120 Brote und 900 Brötchen werden in einer Nacht gebacken. Der Holzbackofen hat dazu eine Öffnung im Innenraum der Backstube. Mit einem Schieber befördert Markus Wellen die Teigrohlinge in den heißen Backraum. Zuerst werden die Brote gebacken, die eine hohe Temperatur benötigen. Angefangen wird mit den Roggenbroten über Roggenmischbrote und die Vollkornbrote – quasi von dunkel nach hell. Gegen Morgen, wenn der Ofen immer noch eine Temperatur von 200 Grad hat, werden die helleren Brote gebacken.

Die Kunden schwören auf das besondere Aroma und die schönen Krusten. Da alle Brote ohne Konservierungsmittel hergestellt sind, sollten sie rasch verbraucht werden. Aber auch zum Aufbacken sei das Brot besonders gut geeignet, sagen Kenner. Der Häussler-Backofen wird nur für dunkle, rustikale Brote verwendet. Weißbrote und Croissants werden dagegen in einem regulären Elektrobackofen gebacken. Gegen 6 Uhr morgens endet die Arbeitsphase der Bäcker. Dann „übernimmt“ Konditorin Sabine Wellen, die sich um Kuchen und Gebäck kümmert. Die immer noch enorme Restwärme des Holzbackofens wird tagsüber in den Schweinestall abgeleitet und dort als Fußbodenheizung für die Ferkelnester genutzt.

Für die besondere Qualität und den hohen Aufwand bei der Herstellung sind die Kunden bereit, einen etwas höheren Preis zu bezahlen. Besonderheit ist, dass auf dem Stautenhof jedes Brot über eine Waage verkauft wird, da Gewichtsschwankungen infolge der handwerklichen Herstellung nicht zu vermeiden sind. „Renner“ bei den Kunden sind das Dinkel-Chia-Brot, das Stautenhofbrot und das Dinkelflockenbrot. Beliebt ist auch das „Tue-Gutes-Brot“, das aus übrig gebliebenen Teigresten gebacken wird. Ein Teil des Verkauferlöses wird gespendet.

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