Schulanfang mit Handikap

Geistig Behindert: Die Diagnose wurde Luca erst mit drei Jahren gestellt. Seitdem macht der Sechsjährige große Fortschritte.

<strong>Neersen. Lucas großer Tag rückt immer näher. Nächste Woche kommt der Sechsjährige in die Schule. Ganz schön aufregend. Wie für alle i-Dötzchen - und für Luca noch ein bisschen mehr. Zwar wird der große, freundlich lächelnde Blondschopf meist älter geschätzt als er ist und sein Benehmen als normal eingeschätzt - mit den üblichen Flausen im Kopf. Doch Gleichaltrige sind meist wesentlich selbstständiger. Luca kriegt den Knopf an seiner Jacke nicht zu und kann sich bei den Mahlzeiten sein Fleisch nicht selbst schneiden. Er kann sich nicht so gut konzentrieren, puzzeln ist ein Problem für ihn und auf den Spielplatz kann man ihn nicht alleine lassen.

Der Kinderarzt nahm die Eltern anfangs nicht ernst

Anfang wiegelte der Kinderarzt die Bedenken der Eltern ab. "Vielleicht hat er mich nicht ernst genommen, ich war ja damals sehr jung", sagt die heute 26-jährige Mutter Melanie L. "Und ich war unsicher, es war mein erstes Kind, ich hatte keine Vergleiche." Ihr Sohn Luca fing mit 16 Monaten an zu laufen, was zwar nicht gerade früh ist, aber auch nicht ungewöhnlich spät. Dass er mit drei Jahren noch nicht richtig sprechen konnte, machte auch im Kindergarten niemanden stutzig. "Er fiel ja nicht auf, weil er so lieb war." Eine Ergotherapeutin war die erste medizinische Fachkraft, die den Eltern gegenüber eine Befürchtung aussprach. Sie wechselten den Arzt und Lucas geistige Behinderung wurde im Alter von drei Jahren diagnostiziert. Wie seine Entwicklung hätte ausgefallen können, wenn er entsprechend früher gefördert worden wäre, bleibt Spekulation, mit der sich seine Eltern nicht aufhalten. "Wichtig ist, dass es ihm gut geht. Er kann laufen, er kann spielen", sagt Mutter Melanie. "Und er macht jetzt richtig große Schritte", sagt sie und Vater Christian nickt übereinstimmend.

Erstaunliche Entwicklung im integrativen Kindergarten

"Spätestens nach fünf Minuten muss ich nach ihm sehen. Dann hat er irgendetwas gesehen, was ihn mehr interessiert. Und geht dem nach." Noch bis vor einem halben Jahr hatte Melanie L. ständig Angst, er könne plötzlich auf die Fahrbahn springen, obwohl ein Auto vorbei fährt. Das macht den Tagesablauf ziemlich anstrengend. "Aber abends geht er freiwillig ins Bett", stellt sie einen pflegeleichten Aspekt heraus.

Luca macht gern Sport. In der integrativen Gruppe beim TV Schiefbahn springt er Trampolin und spielt Fußball. "Da haben die Behinderten keinen Bonus, aber niemand wird ausgelacht, wenn er etwas nicht kann", sagt Vater Christian.

Überhaupt, Fußball: Die große Liebe zu diesem Sport hat er vom Papa, der in einer Hobby-Mannschaft kickt. "Aber es könnte passieren, dass er mitten im Spiel den Ball in die Hand nimmt und damit einfach irgendwo hin läuft", sagt der. Er ist zwar sicher, dass seine Mannschaftskameraden damit klar kämen, "aber die Eltern am Spielfeldrand. Die sind meist sehr ehrgeizig", fürchtet er.

Seit neun Monaten hat Luca auch eine kleine Schwester, Amy. "Er ist so ein toller großer Bruder", freut sich die Mutter und strahlt. Dabei hatte sie sich zunächst Sorgen gemacht, wie er damit fertig wird. "Witzig: Bekannte von uns, mit einem gleichaltrigen Sohn ohne Defizit, haben gleichzeitig auch eine Tochter bekommen. Die hätten es nie vermutet. Aber ihr Sohn ist eifersüchtig." Luca hingegen passt gut auf Amy auf. Stolz lächelnd umarmt er sein Schwesterchen.

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