Fotoausstellung in Kempen Fotografin porträtiert die „Eierfrau“ von Kempen

Kempen. · Christel Kremser hat die bekannte Marktfrau Anna Rouenhoff und ihre Wohnung fotografiert.

 Christel Kremser (73) vor ihren Fotos, die Rouenhoffs ehemalige und jetzige Wohnräume zeigen.

Christel Kremser (73) vor ihren Fotos, die Rouenhoffs ehemalige und jetzige Wohnräume zeigen.

Foto: Emily Senf

Am liebsten fotografiert Christel Kremser in Schwarz-Weiß, aber in Anna Rouenhoffs Wohnung machte sie eine Ausnahme. „Da musste ich in Farbe fotografieren“, erinnert sich die 73-jährige Fotografin. Ein Lampenschirm in Knallrot, ein Teppich mit gelben, roten, braunen und orangefarbenen Streifen, Blumen auf dem Fernseher und Schwäne auf auf der Fototapete – Rouenhoffs Wohnung war bunt, also mussten es die Fotos auch sein. Wie Kempens „Eierfrau“ bis zu ihrem Umzug ins Von-Broichhausen-Stift lebte, können Interessierte seit Kurzem in einer Foto-Ausstellung im Städtischen Kramer-Museum sehen. Die Schau dauert bis zum 10. November.

Bekannt ist Rouenhoff als „Scheifes Änne” auf dem Buttermarkt. Bei ihr gab es dienstags und freitags allerdings nicht nur Eier, sondern auch selbstgezogenes Gemüse, Erdbeeren, Blumen und immer viele Neuigkeiten aus der Stadt zu hören. Sie wurde 1917 in Venn bei Xanten als viertes von acht Kindern auf einem großen Bauernhof geboren. Seit sie 16 Jahre alt war, arbeitete sie als Haustochter bei den Geschwistern Scheifes auf dem Bleikerhof in St. Hubert, deren Haushalt sie zwei Jahrzehnte lang führte. 1958 wurde sie die „Eierfrau“ auf dem Kempener Buttermarkt.

So hatte sie auch die Fotografin Kremser einst kennengelernt. „Sie hatte so wunderschöne Blumensträuße“, berichtet die Kempenerin. Von der 2018 gestorbenen Kunsthistorikerin Margret Cordt kam der Tipp, Rouenhoff in ihrer individuell eingerichteten Wohnung zu fotografieren. Kremser rief die „Eierfrau“ an, die sagte zu, und dann lernten die Frauen sich erst einmal kennen.

 Anna Rouenhoff. Die älteren Fotos entstanden zwischen 1992 und 1993.

Anna Rouenhoff. Die älteren Fotos entstanden zwischen 1992 und 1993.

Foto: Emily Senf

Denn für Kremser muss die Chemie zwischen ihr und den Fotografierten stimmen. „Ich mache keine Schnappschüsse“, betont sie. Fotos sind bei ihr Fotografien oder Fotoarbeiten. Für ihre Arbeit nimmt sie sich Zeit, drückt nur auf den Auslöser, wenn der Moment für sie richtig erscheint; das kann etwa sein, wenn das Licht stimmt oder der Ausdruck einer Person. „Es muss ein Vetrauensverhältnis entstehen“, sagt Kremser, „so war es auch bei Scheifes Änne. Ich freundete mich mit ihr an und erhielt die Erlaubnis, ihren Lebensbereich zu fotografieren.“

Noch immer ist Kremser von Rouenhoff fasziniert. Bei einem Gang durch die Sonderausstellung blickt sie auf die Fotos, die 1992 und 1993 entstanden sind, und lächelt. Rouenhoff mit verschränkten Armen auf einer grünen Decke sitzend, hinter sich eine Fototapete. An anderer Stelle ist sie auf dem Wochenmarkt zu sehen, eine Hand hat sie an der Hüfte, vor ihr liegen Eier, Kürbisse und Blumen auf einem Tisch, daneben steht der Marktchef. „Es gibt immer wieder was zu entdecken“, sagt Kremser.

 Einige BIlder zeigen die aktuelle Wohnung der mittlerweile 102-jährigen Rouenhoff im Von-Broichhausen-Stift.

Einige BIlder zeigen die aktuelle Wohnung der mittlerweile 102-jährigen Rouenhoff im Von-Broichhausen-Stift.

Foto: Emily Senf

Kremser konzentriert sich
auf Porträts und Milieustudien

Kremser wurde in Braunschweig geboren. Ihr Vater war Drogist, nach dem Zweiten Weltkrieg ging er zur Polizei. Nach den Hausaufgaben durfte die Tochter ihn manchmal auf Streife begleiten. „Die Zeit hat mich geprägt“, sagt sie. Mit 21 heiratete sie und zog mit ihrem Mann, einem Förster, an den Niederrhein. Sie bekam zwei Kinder, „darum bin ich den fotografischen Weg später gegangen“, sagt Kremser. Unter anderem absolvierte sie eine Ausbildung zur Fotografin in Braunschweig und ein Studium der Fotografie in Krefeld. Schwerpunkt ihrer Arbeiten sind Porträts, Stillleben, Milieustudien.

Die Ausstellung im ehemaligen Eintrittsbereich des Franziskanerklosters zeigt aber nicht nur Rouenhoffs Zuhause Anfang der 1990er-Jahre, sondern auch, wie die inzwischen 102-Jährige heute im Von-Broichhausen-Stift lebt. Dort hat sie ein Zimmer. Die antiken Möbelstücke, einst von ihrem Arbeitgeber geerbt, hat sie bei ihrem Umzug 2000 dem Kramer-Museum übereignet. „Anna Rouenhoff hat ihren Wohnräumen durch ihre individuelle Gestaltung eine Seele gegeben“, sagt Kremser. Bis heute sind die Frauen in Kontakt. Einen Schnappschuss gibt es entgegen Kremsers üblicher Arbeitsweise aber doch, ein charmanter Ausreißer: Er zeigt Scheifes Änne an ihrem 100. Geburtstag im Stift. „Sie war so aufgeregt und kam gerade aus der Messe“, sagt Kremser. „Da musste ich sie schnell
fotografieren.“ emy

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