Gleichstellungsbeauftragte von Tönisvorst ,Eine Frauenquote wäre wunderbar’

Tönisvorst · Ein WZ-Gespräch zum Weltfrauentag mit Sabine Kempkes, der Beauftragten für Gleichstellung.

 Sabine Kempkes ist seit 22 Jahren Gleichstellungsbeauftragte bei der Stadt Tönisvorst.

Sabine Kempkes ist seit 22 Jahren Gleichstellungsbeauftragte bei der Stadt Tönisvorst.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Ausgerechnet eine Eva war die erste Frauenbeauftragte Deutschlands. Sie hieß Eva Rühmkorf, trat ihre Arbeitsstelle 1978 bei der Stadt Hamburg an, war SPD-Mitglied und später von 1988 bis 1992 Kultusministerin von Schleswig-Holstein.

In Tönisvorst ist es Sabine Kempkes, die sich der Belange der Gleichberechtigung annimmt. Doch seit 1978 hat sich viel geändert. Heute heißt der Beruf Gleichstellungsbeauftragte und es geht nicht mehr nur um Frauenthemen. Auch Männer können bei der 57-Jährigen vorstellig werden. Anlässlich des Weltfrauentages am heutigen Freitag sprach die WZ mit Sabine Kempkes über ihre Arbeit.

Wiedereingliederung in den Beruf war ein Hauptthema

„Ich bin eine Bankkauffrau. Nein“, korrigiert sie sich lachend „ein Mann, so hieß das damals noch.“ Zusätzlich hat sie noch eine Ausbildung als Mediatorin. Vor 22 Jahren hat sie dann als Schulsekretärin in Vorst bei der Stadt angeheuert und ist 1999 zur Gleichstellungsbeauftragen ernannt worden. Durchaus nicht als die erste bei der Stadt, sie erinnert sich an mindestens vier Vorgängerinnen. Trennung und Wiedereingliederung in den Beruf waren damals die Hauptgründe, warum Frauen – aber auch Männer – eine Beratung gesucht haben. Ersteres ist heute noch ein großes Thema und Letzteres würde mittlerweile vermehrt von der Arge selbst mit deren Gleichstellungsbeauftragten in die Hand genommen.

„Für mich war es damals ein Sprung ins kalte Wasser“, erinnert sich Kempkes. Sie musste sich erstmal Themenschwerpunkte erarbeiten, herausbekommen, was auf den Nägeln der Frauen brennt und wie sie diese für Gespräche gewinnen kann. Damit überhaupt jemand zu den Veranstaltungen kam, die sie deswegen organisiert hat, hat sie diese mit Musik, Ausstellungen oder Lesungen angereichert. Sie erinnert sich an eine Märchenlesung über Hänsel und Gretel. Durch die den Zuhörerinnen verschiedene Themen näher gebracht werden sollten, von der Trennung der Eltern über Abhängigkeit bis hin zum Missbrauch.

Doch damals – und heute noch stärker – ist sie in ihrer wöchentlich 25 Stunden-Stelle für verwaltungsinterne Angelegenheiten zuständig, die das Landesgleichstellungsgesetz von 1999 beziehungsweise  seine Novellierung von 2016 vorgibt. „Das heißt, ich bin bei jedem Vorstellungsgespräch, bei  allen Dingen, die die Ausgestaltung des Arbeitslebens oder auch Dienstvereinbarungen eingebunden“, so Kempkes. So manch „bittere Pille“ müsse man da schlucken. Die da wäre, wenn eine junge Frau beim Vorstellungsgespräch nach ihrer Familienplanung gefragt würde. Was einerseits nicht erlaubt sei und andererseits ein deutlicher Hinweis auf die ungleiche Behandlung von Männern und Frauen sei. Kempkes: „Auch Männer haben eine Familienplanung, werden aber nie danach gefragt. Es ist nun mal so, dass wir Frauen die Kinder bekommen. Und das werden wir wohl nicht ändern können und so lange das so ist und es deshalb Benachteiligungen gibt, solange ist meine Arbeit auch nötig.“ Zu den „bitteren Pillen“ gehöre aber auch ein „dickes Fell“: „Das muss man mitbringen. Denn ganz viele Menschen können nicht zwischen der Person und ihrer Funktion unterscheiden. Denn in dieser muss ich Kraft Gesetz bestimmte Aufgaben erfüllen.“

Sie sei heute den Frauen sehr dankbar, die in ihrer Jugendzeit die Emanzipation vorangetrieben und dafür viele Schikanen auf sich genommen hätten. „Bei uns zu Hause war Alice Schwarzer ein Schimpfwort“, sagt sie. Als Mutter zweier Töchter, die bereits selbst kleine Kinder hätten, habe sie immer darauf geachtet, diese so zu erziehen, dass sie auf eigenen Beinen stehen könnten. Sie müsse jedoch feststellen, dass „Frauen der Generation 30+ einiges wieder schleifen lassen. Sie nehmen vieles als selbstverständlich hin“. Und bei noch Jüngeren habe sie das Gefühl, dass es ihnen nichts ausmache, „hübsches Beiwerk für einen Mann zu sein und sie damit zufrieden sind, wie es früher für Frauen üblich gewesen ist, den Männern den Rücken freizuhalten“.

Die Gleichstellungsbeauftragte hält es für richtig, dass der Gesetzgeber Frauen für diesen Beruf vorsieht. „Die per Gesetz vorgegebenen Aufgaben können auch Männer erfüllen. Aber Männer denken anders als Frauen. Würde ich einen Mann fragen, ob Frauen in der Verwaltung genauso wie sie behandelt werden, würde er sagen: ,Ja’. Ich sage aber aus meiner Erfahrung heraus: Nö.“

Auch eine Frauenquote fände Sabine Kempkens „wunderbar“, weil ich immer wieder erleben muss, dass Frauen, die Mütter geworden sind, große Schwierigkeiten haben, in unserer schnelllebigen Zeit wieder Anschluss im Berufsleben zu finden“. Dieser Wiedereinstieg müsste gefördert werden. „Denn die Frauen haben ja die Qualifikation für ihren Beruf schon vorher gehabt, die Ressourcen sind also da.“

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