Erleichterung in Willich S 28: Städte und Kreis sind sich einig

Mönchengladbach/Willich · Vertreter der Städte Willich, Viersen und Mönchengladbach sowie der Kreis Viersen haben eine Absichtserklärung zur Verlängerung der Regiobahn unterzeichnet. Kritiker des Projektes kündigen allerdings weiteren Widerstand an.

 Willichs Bürgermeister Christian Pakusch (v. l.), der Landrat des Kreises Viersen, Andreas Coenen, Viersens Bürgermeisterin Sabine Anemüller und Mönchengladbachs Oberbürgermeister Felix Heinrichs unterzeichneten die Absichtserklärung.

Willichs Bürgermeister Christian Pakusch (v. l.), der Landrat des Kreises Viersen, Andreas Coenen, Viersens Bürgermeisterin Sabine Anemüller und Mönchengladbachs Oberbürgermeister Felix Heinrichs unterzeichneten die Absichtserklärung.

Foto: Frank Hohnen

(msc/angr) „Der 1. Juli 2021: Ein guter, ein historischer Tag, für die Stadt Willich und die gesamte Region.“ Willichs Bürgermeister Christian Pakusch (CDU) verkündete am Donnerstag erfreut, dass nun ein weiterer wichtiger Meilenstein hin zur Verlängerung der Regiobahn S 28 von Kaarst über Haltepunkte in Schiefbahn und Neersen bis Viersen gesetzt sei. Kurz zuvor hatten er, Viersens Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD), Landrat Andreas Coenen (CDU) und Mönchengladbachs Oberbürgermeister Felix Heinrichs (SPD) den „Letter of Intent“, eine Absichtserklärung zur gegenseitigen Unterstützung von regional bedeutsamen Schienenpersonenverkehrsprojekten, zu denen auch die Streckenverlängerung der S28 gehört, unterschrieben. Die Unterzeichnung der Vereinbarung fand am Verlauf der geplanten Trasse statt, am Schanzweg in Viersen.

Am Dienstagabend hatte der Willicher Stadtrat einstimmig dafür gestimmt, dass Pakusch die Erklärung unterschreiben soll. Entsprechende Beschlüsse gab es auch in den Räten von Viersen und Mönchengladbach sowie im Kreistag Viersen. Während man sich im Kreis Viersen sowie in den Städten Viersen und Willich schon lange einig darüber ist, dass die S 28-Verlängerung ein Gewinn für die Region ist, gibt es in Mönchengladbach nach wie vor Skeptiker. Die machten auch am Mittwochabend auf sich aufmerksam, als der Mönchengladbacher Stadtrat darüber abstimmte, ob Oberbürgermeister Felix Heinrichs die Absichtserklärung unterzeichnen sollte.

Von der Krahnendonkhalle in Neuwerk sind es mit dem Fahrrad nur ein paar Minuten bis zu einer Bahnstrecke, wo seit vielen Jahren nur Bäume wachsen und wo aber in Zukunft die Regiobahn S 28 wieder fahren könnte. Der Stadtrat tagte am Mittwoch also in unmittelbarer Nähe zu der Bahnstrecke. Noch am Vortag übergaben Anwohner eine Petition gegen die S 28 mit nach eigenen Angaben 3471 Unterschriften an Oberbürgermeister Felix Heinrichs. Und wenige Minuten vor Beginn der Ratssitzung wurde bei einer Podiumssitzung noch einmal diskutiert – vor rund 30 Besuchern.

Der frühere Gladbacher SPD-Fraktionschef und VRR-Experte Lothar Beine kritisierte dabei, die Strecke liege verkehrspolitisch falsch, und die vorliegenden Kostenschätzungen und Unterlagen seien „für die Tonne“. Er gehe von heute deutlich über 100 Millionen Euro Kosten aus, und die zugrunde gelegten Nutzer-Schätzungen seien „Mondzahlen“. Anwohnerin Simone Todzy sagte, die Donk, durch die die Strecke verläuft, biete großen Erholungswert: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass dort eine Bahn vorbeilaufen soll.“ Pro-Bahn-Vertreter Lothar Ebbers sagte, die Planungen seien noch weit am Anfang und räumte ein: „Wir brauchen aktualisierte Nutzen- und Einnahme-Prognosen.“ Wenn die aber vorlägen, sagte Beine, dann sei er überzeugt, dass der erforderliche Kosten-Nutzen-Wert für einen Bau nicht erreicht werde. Kurt Sasserath vom Naturschutzbund Nabu sagte, man dürfe nicht Naturschutz und Klimaschutz gegeneinander ausspielen.

In der Krahnendonkhalle wurde um die Erklärung zur S 28 gerungen. Oberbürgermeister Felix Heinrichs (SPD) warb um Zustimmung: „Jetzt ist wichtig, die Tür zu öffnen, um in den Prozess einzusteigen und unsere Interessen klar zu formulieren.“ Die Ampelfraktionen SPD, Grüne und FDP betonten, für die modifizierte Erklärung zu stimmen. Er könne die Sorgen der Anwohner verstehen, sagte Grünen-Fraktionschef Boris Wolkowski. „Es gibt keine perfekte Lösung, aber diese ist die beste, die man finden kann.“

SPD-Planungspolitiker Thomas Fegers betonte, mit dem Nachverhandlungsergebnis zufrieden zu sein, insbesondere, dass der Passus zur Viersener Kurve gestrichen sei. Nun müsse es aber eine modifizierte Machbarkeitsstudie geben. SPD-Fraktionschef Janann Safi sagte, das Projekt sei wichtig für die Region und im Interesse des Klimas. Zudem seien die Interessen der Anwohner nun in der Erklärung wiederzufinden. Denn es muss ein Planfeststellungsverfahren geben, in dem insbesondere der Lärmschutz berücksichtigt werden soll.

Der Neuwerker CDU-Ratsherr Willi Schmitz, der auch den Protest der Anwohner unterstützt, wetterte hingegen gegen das Schienenprojekt: „Das bringt wenige bis gar keine Vorteile für Mönchengladbach, sondern macht einen Strich durch die Donk. Wir haben verabschiedet, dass die Donk bald Naturschutzgebiet wird, und Sie opfern Tausende Bäume.“

Die CDU lehnte die Vereinbarung überdies ab, weil der Stärkung des Mönchengladbacher Flughafens als Wirtschaftsstandort nicht ausreichend Raum eingeräumt werde. Schmitz kündigte an: „Wir werden weiter kämpfen, egal wie das hier ausgeht.“

Das tat er auch schon im Rat, indem er geheime Abstimmung beantragte – um damit auch Abweichler insbesondere bei der SPD zu provozieren. Deren Neuwerker Ratsmitglieder Andrea Koczelnik und Pascal Zitzen hatten zuvor in einer Erklärung kundgetan, warum sie für die Erklärung stimmen. Am Ergebnis änderte der geheime Abstimmungsmodus nichts: 46 von 72 anwesenden Ratsmitgliedern stimmten dafür.

Andreas Coenen, Landrat des Kreises Viersen, sagte am Donnerstag nach der Unterzeichnung der Absichtserklärung: „Auf diesen Beschluss haben wir über viele Jahre hingearbeitet. Die Verlängerung der S 28 nach Viersen wird die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger im gesamten Kreis spürbar verbessern. Viele werden sich lieber in den Zug setzen, anstatt auf dem Weg von und nach Düsseldorf im Stau zu stehen. Über dieses Projekt hinaus ist uns in Abstimmung mit unseren Partnern in den Städten ein Gesamtpaket gelungen, von dem die gesamte Region profitieren wird. Damit leisten wir auch einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz.“

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