Packendes Schultheater mit ernstem Thema

Mit „Undercover Dschihadistin“ wurde am Michael-Ende-Gymnasium ein Stück über die Rekrutierungsmethoden des IS aufgeführt. Die Schüler waren von Beginn an gefesselt.

Packendes Schultheater mit ernstem Thema
Foto: Lübke

St. Tönis. „Hör mir zu. Ich liebe dich“, völlig unerwartet erklingt die Stimme aus dem Nichts. Wo eben noch Schüler im völlig abgedunkelten Forum Corneliusfeld kichernd und erzählend saßen, ist plötzlich Stille eingekehrt. Ein einzelner Lichtstrahl fällt auf eine Frau mit Kopftuch, die auf einem Stuhl sitzt und der eindringlichen, körperlosen Stimme zuhört. Sie erzählt davon, dass sie die Frau beschützen werde und dass eine einzige große Familie auf sie warte, in der jeder seinen Platz habe. „Liebst du mich wirklich?“, ist die leise Frage der Frau zu hören, bevor erneut Dunkelheit einsetzt.

Bedrückende Musik erklingt. Die nächsten Spotslenken den Blick auf zwei Personen, die in einer hitzigen Diskussion stecken. Dem Zuhörer wird klar: Es geht um einen Artikel, den die Frau geschrieben hat und von dem der Mann sich wünscht, dass er nicht erscheint, weil es um seine Tochter geht.

„Sie ist meine Tochter. Ich kann sie nicht im Stich lassen. Sie ist bereit, für alles zu sterben. Der Tod hat keinen Schrecken mehr für sie“, ruft der Mann mit völligen Unverständnis aus. Schon der Beginn des Theaterstücks „Undercover Dschihadistin“ packt die Neuntklässler des Michael-Ende-Gymnasiums, die im Forum sitzen.

Die Aufführung nimmt die Schüler mit in eine Welt, deren Gegenwart förmlich spürbar ist. Denn das, was da vorne gespielt wird, ist keine Fiktion, sondern Realität. Nach dem Werk von Anna Erelle setzt das Westfälische Landestheater die Rekrutierungsmethoden des sogenannten Islamischen Staates, dem IS, in den Mittelpunkt. Mirka Ritter spielt dabei die Journalistin Anna, die als Mélody auf die Rekrutierung zum Schein eingeht, um genau diese Methoden aufzudecken. Andreas Kunz ist in der Rolle des besorgten Vaters zu erleben, dessen Tochter der IS in seine Fänge bekommen hat. Zugleich spielt er Annas Freund, der sie bittet, das Vorhaben abzubrechen, weil es ihm zu gefährlich erscheint. Neven Nöthig verkörpert Abou Bilel, einen Offizier des IS, der versucht, Menschen für den Terror anzuwerben.

Die Schüler erleben aufrüttelnde Szenen und Wechsel zwischen den einzelnen Abschnitten, die als Verknüpfungen mit viel Dramatik einhergehen. Ob mit Dunkelheit und Musik begleitete Szenenwechsel oder Ritter, die sich im Zwielicht vor den Zuschauern von Anna in Mélody verwandelt — das Stück packt selbst in diesen Momenten, die ohne Worte vonstattengehen.

Es ist keine erfundene Geschichte, sondern das, was die französische Journalistin Anna Erelle als Mélody erlebte. Und genau das macht das Stück so erschreckend realitätsnah und bewegt die Schüler, wie sich im Nachgespräch mit den Mitarbeitern des Westfälischen Landestheaters zeigte.

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