Schiefbahn Blühende Wiese statt arbeitsreicher Garten

Schiefbahn. · Weil Ernst Jasch (94) nicht mehr so viel Arbeit in seinen Vorgarten stecken will, pflanzte ihm der Nabu eine Wildblumenwiese.

 Ernst Jasch (l.) bekam Hilfe von der Willicher Nabu-Ortsgruppe bei der Umgestaltung seines Gartens in ein künftiges Insektenparadies.

Ernst Jasch (l.) bekam Hilfe von der Willicher Nabu-Ortsgruppe bei der Umgestaltung seines Gartens in ein künftiges Insektenparadies.

Foto: Norbert Prümen

„Skifahren“, ruft Jack Sandrock und löst damit ein Lachen unter den fünf Nabu-Mitgliedern der Willicher Ortsgruppe aus, die Stauden umgesetzt und eine 60 Quadratmeter große Fläche für eine Wildblumenwiese vorbereitet haben. Alle wissen genau, was gemeint ist. Peter Kohnen greift zu den „Skiern“, wobei es sich um eine Holzkonstruktion aus Brettern handelt. Jeder der beiden weit über einen Meter langen Ski weist drei Gurtschleifen auf, und in genau die schlüpfen drei der Gartenhelfer. Das Antreten des Samens auf der zukünftigen Wildblumenwiese ist angesagt.

„Eine tolle Konstruktion. Früher hat man mit der schweren Walze hantiert oder mühselig alles Fuß für Fuß angetreten“, kommentiert Ernst Jasch die Konstruktion. In einer gemeinsamen Aktion mit dem Naturschutzbund (Nabu) wird die Fläche in einen blühenden „Vorgarten für Faule“ verwandelt. Zukünftig wird der Besitzer vom Heimeshof nicht mehr viel Arbeit mit seinem Vorgarten haben – und dennoch auf eine durch das ganze Jahr blühende Idylle blicken. Durch das geschickte Pflanzen von ökologisch wertvollen Stauden sowie einer Wildblumenwiese entsteht ein dichter Teppich über der Erde.

Buchsbaumzünsler hatten die Beeteinfassungen abgefressen

Wo Pflanzen noch zusammenwachsen müssen, bedeckt Mulch die Flächen, damit unerwünschtes Grün nicht durchdringen kann. Dazu kommen gemulchte Wege, damit man auch durch die spätere Pracht gehen kann. Dass es überhaupt zu einer Umgestaltung des klassischen Bauerngartens vom Heimeshof kam, lag am Buchsbaumzünsler. Karin und Ernst Jasch hatten vor Jahrzehnten in ihrem gut 250 Quadratmeter großen Vorgarten einen stilvollen Garten mit einzelnen Feldern voller Stauden und einem Rosenrondell in der Mitte angelegt. Alles war mit Buchsbaum eingefasst. Die liebevoll geschnittenen Hecken gaben den Rahmen für die Blumenpracht. Der Zünsler machte dem Buchsbaum den Garaus, das Ehepaar blickte bald auf dürre Buschgerippe.

In Anbetracht seines Alters wollte Ernst Jasch seinen Vorgarten in eine Rasenfläche verwandeln. Es war geplant, alles rauszureißen und Rollrassen zu legen. „Man wird ja nicht jünger, und es sollte nicht mehr so viel Arbeit machen“, sagt der 94-Jährige. Dann aber stieß er im „Naturspiegel“ auf einen Bericht von Peter Kohnen. Unter der Überschrift „Blühender Vorgarten für Faule“ beschrieb der Schiefbahner in einem ausführlichen Text, wie er aus seinem rund 80 Quadratmeter umfassenden Vorgarten nicht nur einen Blickfang, sondern auch eine Oase für Insekten schuf – und das mit minimalem Pflegeaufwand. Ein Foto demonstrierte, wie es aussah.

Ernst Jasch war begeistert. „Ich bin selber Mitglied im Nabu und fand die Lösung hervorragend, die Insekten, anderen Tieren und nicht zuletzt dem Stadtklima gut tut, aber auf der anderen Seite später nicht mehr viel Pflege braucht“, sagt der Senior. Er wandte sich an die Willicher Ortsgruppe des Nabu und bat um weitere Tipps. Wobei in Anbetracht des Alters von Ernst Jasch nicht nur fachliche Tipps zur Anlage an sich und der Pflanzenauswahl gegeben wurden: Freiwillige Helfer der Willicher Nabu-Gruppe rückten an und packten bei der Anlage des Vorgartens mit an. „Wobei wir total erstaunt waren. Ernst hatte schon den toten Buchsbaum zu einem großen Teil eigenhändig entfernt“, berichtet Jack Sandrock.

Das Pflanzprojekt lockt interessierte Nachbarn an

Inzwischen ist das „Skifahren“ abgeschlossen. Jasch nimmt den Gartenschlauch, um die frische Aussaat kurz zu bewässern, während Jörg Tilmans, Hans Thelen und Karl-Heinz Lünendonk wieder zu den Spaten greifen. Es gilt, die Stauden, die auf der Fläche standen, wo die Wildblumenwiese angelegt wurde, auf der anderen Seite wieder einzusetzen. „Hier stehen von der alten Gartenanlage ja noch jede Menge Stauden. Wir verdichten mit den weiteren Stauden und füllen die Flächen auf, wo Buchsbäume wuchsen“, erklärt Peter Kohnen. Der ehemalige Bauerngarten des Ehepaars Jasch hatte schließlich schon viele Gewächse, die Hummeln, Bienen und Co. guttaten, und diese bleiben natürlich stehen.

Mancher Anwohner aus der Nachbarschaft kommt nun neugierig herüber und informiert sich über einen solchen blühenden „Vorgarten für Faule“.

Und wer weiß, vielleicht folgt auch der ein oder andere dem Beispiel und sorgt damit für mehr wertvolles Grün in der Stadt, anstelle von grauen Schottergärten. Denn dass ein ökologischer Lebensraum dem Gartenbesitzer nicht viel Pflegearbeit machen muss, zeigt das Beispiel eindrucksvoll.

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