Kinderreporter Mitschülerin Hadil Jamale: „Sie ist einzigartig, das macht sie so besonders“

Die Kinderreporter sind wieder im Einsatz. Am Montag haben Amelie Hoven und Sina Oberstadt sowie die Klasse 4c der Grundschule Hülser Straße ihrer neuen Mitschülerin Hadil Jamale aus Somalia Fragen gestellt.

St. Tönis. Als sie acht Jahre alt war, lebte Hadil Jamale mit ihrer Familie in Somalia. 6000 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Deutschland und diesem ostafrikanischen Land, das an Kenia und Äthiopien grenzt. Hadils Familie flüchtete aus der Heimat. Seit mehr als einem Jahr nun lebt das Mädchen, das mittlerweile elf Jahre alt ist, in St. Tönis und besucht wie Amelie Hoven und Sina Oberstadt die Grundschule Hülser Straße. Seit August sind sie Hadils Mitschülerinnen.

„Wir freuen uns, dass du aus einem anderen Land zu uns in die Klasse gekommen bist und darüber sprechen wir nun“, leiten die beiden Kinderreporter ihr Interview ein — nicht, wie ursprünglich angedacht, unter acht Augen, nebenan, während die anderen weiter Unterricht machen. Nein: spontan, gleich mittendrin in ihrem Klassenzimmer, umringt von allen Jungen und Mädchen der 4c.

Hadil sitzt nicht an ihrem eigentlichen Platz am Fenstertisch Michelle gegenüber, sondern mit Amelie und Sina vorne vor der Tafel. Sie knetet ein wenig ihre Finger und schenkt den Reporterinnen ein schüchternes Lächeln. Die legen gleich los. Sie wollen wissen, wo Somalia liegt. Hadil steht auf und zeigt es auf der Weltkarte, die an der Tafel hängt. Das ist nicht nur ein anderes Land, sondern ein anderer Kontinent. Weit weg. Warum Hadil aus Somalia fliehen musste, fragt Sina. „Ich weiß es nicht“, antwortet Hadil. Sie zuckt mit den Schultern. „Hattest Du Angst während eurer Flucht“, will Amelie wissen, und ob sie Somalia vermisse: „Ja“, nickt Hadil beide Male. Mehr sagt sie aber nicht dazu. Die anderen Kinder haken auch nicht nach, fragen nicht nach Einzelheiten, nach dem Wieso, Warum. Das spielt im Hier und Jetzt offenbar keine Rolle.

Wie gut sie in ihrer Schulzeit an der Hülser Straße bereits Deutsch gelernt hat, erzählen ihre Mitschüler. Sie wenden das Gespräch zum Klasseninterview, weil sie Hadil in den Wochen nach den Sommerferien schon gut kennen gelernt haben. „Sie ist gut in der Schule“, sagt Emma. Enes will von Hadil wissen, wie sie Deutsch so gut gelernt hat. „Vom Zuhören“, meint Hadil und lächelt. Auf die Frage, was ihr am besten an Deutschland gefalle, antwortet das Mädchen: „Dass ich Freunde gefunden habe.“ Michelle gehört dazu. Emma. Und auch die beiden Reporterinnen.

Musik ist eines von Hadils Lieblingsfächern. Pink ihre Lieblingsfarbe. „Du bist doch Muslimin?“, fragt Enes, „gehst du auch in die Moschee zum Beten und feierst du auch das Zuckerfest“? „Ja.“ Hadil schaut zu ihm hinüber und nickt. Vielleicht könne er sie ja auch einmal mitnehmen, schlägt Lehrerin Miriam Poßberg vor. „Klar“, sagt Enes.

Sehr gut aufgenommen worden sei Hadil auch von den Jungen in der Klasse, erzählt Lehrerin Poßberg. Einen Grund dafür liefert Taylan: „Sie spielt gut Fußball.“ Das ist ihr Lieblingshobby. Miriam Poßberg, selbst leidenschaftliche Fußballspielerin, hat in den Pausen mitbekommen, wie gut Hadil spielt und spricht. Sie hat in den ersten beiden Unterrichtswochen in der neuen Klasse kaum gesprochen, nur beobachtet“.

Schnell sei sie auch, meldet sich Maurice. „Ihr ist es egal, in welcher Mannschaft sie Fußball spielt. Hauptsache sie kann spielen“. Das imponiert den Jungs. Dabei kann Hadil nicht nur Tore schießen, sondern ist auch im Tor eine Bank und hält offenbar bemerkenswert gut. Das hat Hadil schon in Somalia gerne gemacht. Einem Training in einem Verein in ihrer neuen Heimat hat sie sich aber noch nicht angeschlossen.

„Das könnte man organisieren“, sagt Lehrerin Poßberg. Die Jungs in der Klasse, die beim SV St. Tönis kicken, könnten sich das gut vorstellen. Lara mag an Hadil, „dass sie immer nett zu mir ist“. Andere Schüler wie Emily und Osayuwa pflichten ihr bei. Auch Julian meldet sich und spricht für die Klasse 4c sozusagen das Schlusswort: „Sie ist einzigartig. Das macht sie so besonders.“

Hadil knetet immer noch ein wenig ihre Finger. Im Mittelpunkt steht sie offenbar nicht so gern wie im Fünfmeterraum. Aber als Amelie und Sina am Ende sagen „Liebe Hadil, wir danken dir für das Interview“, spricht ihr Lächeln Bände. Da ist jemand angekommen.

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