Willich Michael Schanze: Dorfrichter soll Meilenstein sein

Schauspiel-Star Michael Schanze freut sich auf seine Rolle bei den Neersener Festspielen. Mit der WZ traf er sich zum exklusiven Gespräch.

Willich: Michael Schanze: Dorfrichter soll Meilenstein sein
Foto: Frank Basil

In große Fußstapfen zu treten ist für Michael Schanze nichts Neues: Laurence Olivier, Michael Caine, Otto Schenk, Paul Dahlke, Helmut Lohner, Heinz Rühmann — all’ diese bekannten Schauspieler haben Rollen gespielt, in denen auch der Star der diesjährigen Schlossfestspiele schon zu sehen war. Mit seinem Auftritt als Dorfrichter Adam in „Der zerbrochene Krug“ setzt sich dies nahtlos fort. Emil Jannings spielte in der berühmten Verfilmung aus den späten 1930er Jahren den Richter — und bei der allerersten Premiere der Schlossfestspiele überhaupt am 13. Juli 1984 war Gerhard Ernst in der Rolle zu erleben.

Willich: Michael Schanze: Dorfrichter soll Meilenstein sein
Foto: Festspiele Neersen

Eine Herausforderung? Eine Belastung? „Am Anfang meiner Schauspieler-Karriere habe ich das noch so empfunden“, berichtet Schanze, den die WZ auf eine Apfelschorle in der „Castello da Chiara“ getroffen hat. Doch seit er vor 15 Jahren den Wechsel vom vielseitigen Fernseh-Sonnyboy zum anerkannten Charakterschauspieler schaffte, der 2012 als Milchmann „Tevje“ im Musical Anatevka bei den Festspielen in Bad Hersfeld sogar den Publikumspreis erhielt, ist sein Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten stetig gewachsen: „Irgendwann bekommst du dafür ein Zutrauen. Je mehr ich auf der Bühne ich selbst bin, umso weniger denke ich an Vorbilder.“

Dorfrichter Adam ist gleichwohl keine normale Rolle für Michael Schanze, der Anfang des Jahres 70 Jahre alt geworden ist. „Das ist ein Traum für jeden Schauspieler. Ich habe mich lange nicht so auf eine Rolle gefreut“, bekennt der Bayer, nimmt eine Prise Schnupftabak und berichtet begeistert von den Fallhöhen, den schnellen Wechseln der Stimmungen und dem permanenten Seelendruck des Richters. Er sei „wild entschlossen, dass das für mich ein Meilenstein wird“. Und auch das Renommee der Festspiele könne dadurch weiter steigen.

Um beides zu schaffen, ist Michael Schanze bereit, einiges zu investieren. So lehnte er zunächst ein Engagement als Doolittle in „My Fair Lady“ ab, obwohl es deutlich besser dotiert gewesen wäre als sein Auftritt in Neersen.

Auch das Rollenstudium verlief ungewöhnlich. Das Lustspiel von Heinrich von Kleist prägte sich der Star auf einer Hütte in den Alpen ein — auf 2500 Metern Höhe. Zehn Tage verbrachte er dort mit Lebensgefährtin Uschi ohne Handyempfang, ohne Fernseher. Es gab nur Stille, eine tolle Aussicht und den „Krug“ — „das war unglaublich gut“.

Vor den klassisch-dramatischen Blankversen hat er keine Angst. Im Gegenteil — er ist fasziniert von dieser wunderbaren Sprache, die viel leichter zu sprechen sei als man glaubt. Sein Rhythmusgefühl, seine Musikalität — Michael Schanze singt, komponiert und spielt Klavier — kommen ihm dabei natürlich zur Hilfe.

Geboten werde in Neersen eine leicht überarbeitete Textversion, erzählt er. Immer noch Kleist, „aber ein wenig heutiger“. Anderenfalls wären manche Wörter des Stücks, das 1808 uraufgeführt wurde, gar nicht mehr zu verstehen.

Ein weiteres Opfer, das Schanze für Neersen gebracht hat, sind seine Locken: Nach langem Zögern entschloss er sich, seinen Kopf für die Rolle als Adam kahl rasieren zu lassen (die WZ berichtete). Zunächst hatte er noch mit einer Gummi-Glatze geabeitet. „Nach einer Probe, als mir der Saft nur zu runterlief, stand dann aber fest: Ich tu’s“, berichtet Schanze.

Apropos Proben: Mit denen ist der „Dorfrichter“ sehr zufrieden. „Ich habe hier lauter gute Kollegen, bis in die kleinsten Rollen. Ein wunderbares Ensemble, für das Intendant Jan Bodinus ein glückliches Händchen hatte“, schwärmt Schanze mit seinem bekannten strahlenden Lächeln — und man nimmt es ihm sofort ab.

Als „Pater Brown“ musste der Star 2015 auf der Festspiel-Bühne viel treppauf, treppab laufen, was dem schwergewichtigen Mann, der ein künstliches Knie hat, nicht immer leicht fiel. Im „Krug“ wird’s für ihn besser — zumal „Kleist an mich gedacht hat“, wie er schelmisch grinsend sagt: Der Klumpfuß des Dorfrichters bietet eine wunderbare Erklärung für ein deutlich erkennbares Humpeln. Womit wir ja wieder bei den großen Fußstapfen wären.

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