Deutsch-Lettischer Freundeskreis in Willich „Letten nehmen Europa sehr ernst“

Willich · Die WZ sprach mit dem Geschäftsführer des Deutsch-Lettischen Freundeskreises über die EU und die anstehenden Wahlen.

 Auf dem Willicher Kaiserplatz hat der Deutsch-Lettische Freundeskreises, unter anderem mit Geschäftsführer Wolfgang Brock (3.v.r.), seine Inklusionsaktion vorgestellt. Der Verein widmet sich nicht nur der dem Austausch mit dem baltischen Land, sondern setzt sich unter anderem auch für die Förderung von Wissenschaft und Forschung, Entwicklungs- und Jugendhilfe sowie die Inklusion ein.

Auf dem Willicher Kaiserplatz hat der Deutsch-Lettische Freundeskreises, unter anderem mit Geschäftsführer Wolfgang Brock (3.v.r.), seine Inklusionsaktion vorgestellt. Der Verein widmet sich nicht nur der dem Austausch mit dem baltischen Land, sondern setzt sich unter anderem auch für die Förderung von Wissenschaft und Forschung, Entwicklungs- und Jugendhilfe sowie die Inklusion ein.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Dreieinhalb Monate hat es gedauert, bis Lettland am 23. Januar eine neue Regierung gebildet hat. Bei der Parlamentswahl im Oktober 2018 war die pro-russische Partei „Harmonie“ als Wahlsieger hervorgegangen und somit die regierende Mitte-rechts-Koalition abgewählt. Doch „Harmonie“ fand keinen Koalitionspartner. Weshalb eine neue Mitte-rechts-Koalition wieder am Ruder ist. Mit dem Ministerpräsidenten Krisjanis Karins – der der kleinsten Fraktion, der liberal-konservativen Partei Vienotība, angehört – hat das Land einem Befürworter Europas. Der 54-Jährige wurde in den USA geboren, war lettischer Wirtschaftsminister (2004-2006) und seit 2009 Europaabgeordneter in Straßburg. Er galt als einer der einflussreichsten baltischen EU-Parlamentarier. Und somit kündigte die neue Regierung auch an, sich weiter für eine Integration Lettlands in EU und Nato einzusetzen.

„Lettland kann Deutschland
auf Augenhöhe begegnen“

Europa ist das Stichwort, um das es im WZ-Gespräch mit Wolfgang Brock, dem Geschäftsführer des Deutsch-Lettischen Freundeskreises, geht. Denn am kommenden Donnerstag ist Europatag und am 26. Mai sind Europawahlen. Als „sehr ernst und wichtig“ sei die Europawahl in Lettland angesehen. Neben dem Interesse an Europa müsse das Land auch mit Russland auskommen. „Da braucht es Sicherheit“, sagt der 67-Jährige, der am Lise-Meitner-Gymnasium Religion unterrichtet und dort im Bereich Inklusion arbeitet. Diese Sicherheit bekomme das Land durch seine westliche Orientierung. Schon seit Beginn der Gründung des Freundeskreises habe er Kontakt mit Ainars Mezulis, einem ehemaligen Lehrer, späterem Bürgermeister, Mitglied der Saeima (dem lettischen Parlament, Anmerkung d. Red.) und nun Berater der neuen Regierung. „Mezulkis ist Europa verfallen, pflegt intensive Kontakte nicht nur nach Deutschland, auch in andere westeuropäische Länder und die Ukraine“, weiß Brock.

„Ich habe Lettland als ein bitterarmes Land kennengelernt, das ab 1991 erstmal alleine klar kommen musste“, erinnert sich der Freundeskreis-Geschäftsführer. Erst mit der Annäherung an die EU und seit 2004 mit der Vollmitgliedschaft, habe das Land von EU-Mitteln profitieren und wachsen können. Jetzt sei man bei einem Stadium angekommen, bei dem man sich „auf Augenhöhe begegnen“ könne. „Digital sind uns die Letten um Jahre voraus. Da können wir nur staunen. Netz gibt es bis in die letzte Waldecke und freies W-Lan überall. Auch die Ausstattung mit Geräten ist hervorragend sowie eine papierlose Verwaltung üblich“, so Brock. Nicht zu vergessen sei die Produktion von Glasfaserkabeln, die auch nach Deutschland geliefert würden. „In dem Bereich ist Lettland führend.“ Ob man von einer Europaeuphorie sprechen könne, das weiß er nicht. Aber sicherlich einer positiven Einstellung zu Europa. Durch die Fördermittel seien beispielsweise auch schöne Städte wie die Hauptstadt Riga entstanden.

Brock will nicht ausschließen, dass es Korruption in Lettland gibt. Sein Freund Mezulis sei auch im Antikorruptions-Ausschuss des Landes. Daher wisse er, dass dagegen vorgegangen werde und es nicht unbedingt um EU-Gelder gehe, die verschwänden, wie zum Beispiel in Rumänien oder Italien.

Er selbst, so Brock, sei europaeuphorisch. „Aber einen Einheitsbrei braucht keiner. Macht-politisch und wirtschaftlich müssen wir zusammenhalten. 80 Millionen Deutsche spielen in China keine Rolle“, sagt er. Auch wolle er nicht wieder in Europa an einer Grenze in der Schlange stehen.

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