Kreis-Grüne: Misslungene „feindliche Übernahme“

Nur durch einen Formfehler wurde verhindert, dass die Grünen den SPD-Kandidaten unterstützen.

Tönisvorst/Kreis Viersen. Keine Frage: Sie sind ein diskutierfreudiger Club. Das ist bei den Grünen Programm und Kultur zugleich. Was sie dennoch nicht mögen ist, dass von außen reinregiert wird, womöglich von anderen Parteien. Fremdbestimmung heißt das böse Wort, das um ein Haar auch den Kreisverband der Grünen ereilt hätte. Bei ihrer Mitgliederversammlung vor einigen Wochen hatte es ganz offen einen Putschversuch gegeben. Der ausgerechnet von Tönisvorster Seite geführt wurde. Von den gleichen Politikern, die in ihrem Ort gerade die alte Garde aus ihren Ämtern vertrieben hatte.

Was war passiert? Der Kreisverband der Partei hatte zur Versammlung gebeten, um für die Kommunalwahl die Kandidatenfrage und die Marschrichtung abzustecken. Von Seiten der Tönisvorster Grünen gab’s einen Antrag, für das Amt des Landrats keinen eigenen Kandidaten zu nominieren. Stattdessen sollte der damalige SPD-Aspirant Lothar Vauth unterstützt werden.

Eine Mehrheit hätten die Tönisvorster damit bei der Versammlung wohl nicht erzielt. Dafür wäre ihr Mitgliederanteil denn doch wohl zu gering gewesen. Am Tag vor der Mitgliederversammlung erreichte den Kreisverband dann aber eine Liste mit neuen Mitgliedern aus Tönisvorst. Die Rede ist von etwa 40. Wären die alle erschienen, hätten die Mehrheitsverhältnisse mit Sicherheit anders ausgesehen. Die Kreis-Grünen haben rund 130 Mitglieder - bis dahin.

Was nicht vorlag, war der Mitgliederbeitrag. Der ging am Tag der Versammlung ein. In geballter Form wurden mehrere hundert Euro für die Neumitglieder vom Tönisvorster Grünen-Konto auf das Kreis-Konto überwiesen.

Was im Sinne der "Putschisten" ein Fehler war. "Jeder muss seinen Mitgliedsbeitrag selbst überweisen. Gesammelt funktioniert das nicht", sagt Marianne Lipp, Vorstandsmitglied und Landrats-Kandidatin der Grünen. Wegen dieses Formfehlers durften die Neumitglieder dann auch nicht wählen. Das Geld wurde nach Tönisvorst zurück überwiesen. Es gab keinen Rückzug von Marianne Lipp und folglich auch keine Unterstützung für Lothar Vauth.

Marianne Lipp bestätigt gegenüber der WZ den Vorgang, will sich aber nicht dazu äußern. "Wir wollen mit den Kollegen aus Tönisvorst zusammen arbeiten", betont sie.

Dennoch fragen sich viele, woher das Geld kam. Und: Was für Leute waren das, die da plötzlich alle Mitglied werden wollten? Nach wie vor ist übrigens unklar, wer von ihnen bei der Partei bleibt oder wer nicht mitmacht. Konkret hat sich wohl noch niemand geäußert.

In Tönisvorst war bekanntlich die neue Führung der Grünen auf eine ähnliche Aktion ans Ruder gekommen: Es hatte über einen längeren Zeitraum einen beachtlichen Mitgliederzuwachs gegeben. Bei der ersten Versammlung, bei der Wahlen anstanden, wurden die Etablierten ganz einfach ausgebootet. Sie traten schließlich aus und gründeten die Gemeinschaft Unabhängiger Tönisvorster (GUT).

Die neue Parteiführung hatte sich dann entschieden, auch bei der Bürgermeisterwahl den Kandidaten der SPD zu unterstützen. Immer wieder war gemutmaßt worden, dass hinter diesem Handstreich der damalige SPD-Chef Lothar Vauth stünde. Belege für diese Vermutung gab es nie.

Solchen Verdacht weist auch Grünen-Sprecher Jürgen Cox weit von sich. "Wir wollten auf Kreisebene Lothar Vauth unterstützen. Als wir mit dem Antrag nicht durchkamen, haben wir als Basisdemokraten auch den aktuellen Beschluss mitgetragen." Aus seiner Nähe zur SPD habe er allerdings auch nie ein Hehl gemacht.

An der Tatsache, dass auf einmal so viele Interessenten mitmachen wollten, findet Cox nichts Verdächtiges: "Wir hatten in Tönisvorst eine Mitgliederwerbung." Er habe schlichtweg nicht gewusst, dass man nicht gesammelt überweisen dürfe. Die Neumitglieder hätten allesamt ihr Geld zurück bekommen mit der Bitte, es selbst beim Kreis einzuzahlen.

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