Schlossfestspiele Komödie: Ovationen für „Pension Schöller“

Bei den Schlossfestspielen in Neersen gab es stehende Ovationen für „Pension Schöller“.

Schlossfestspiele: Komödie: Ovationen für „Pension Schöller“
Foto: Friedhelm Reimann

Neersen. Großwildjäger Bernhardy ist fest entschlossen. Noch Sonntagabend will er mit Philipp Klapproth per Schiff nach Übersee, zum nächsten großen Abenteuer. Deshalb poliert er gerade das Gewehr, sein Schmetterlingsnetz und der Seesack liegen auf dem Wohnzimmertisch von Klapproth. Den überfordert die Situation sichtlich: Immerhin denkt er, einen gemeingefährlichen Geisteskranken in seinem Landhaus zu wissen. So zu erleben in der turbulenten Komödie „Pension Schöller“, die am Samstag bei den Neersener Schlossfestspielen ihre Premiere feierte.

Um es vorweg zu nehmen: 500 Gäste erlebten eine gelungene Premiere. Das ausverkaufte Haus, warme wie trockene Rahmenbedingungen sowie ein spielfreudiges Ensemble machten diesen Sommerabend zu einem stimmigen Erlebnis.

Intendant und Regisseur Jan Brodius hatte Geschick bewiesen, auf eine leichte, nicht seichte Komödie zu setzen, die seit 125 Jahren von den Wiener Kammerspielen über das Millowitsch-Theater bis zu unzähligen Amateurtheatern das Publikum gut unterhält. So auch in Neersen: Stehende Ovationen waren ein deutliches finales Urteil. „Das Stück ist der Star“, hatte Brodius vorab passend gesagt. Und behielt damit Recht.

14 Schauspieler, fast das gesamte Festspiel-Ensemble, ließ er auf die rasante Geschichte los. Es ist eine von Provinz und Großstadt, von Täuschung und Verrücktheiten, von Vorurteilen, Exzentrik und Individualität. Mit gesundem Wortwitz und großartiger Situationskomik deckt „Pension Schöller“ menschliche Schwächen auf. Sie entlarvt Egoismus, bestärkt Individualität und stellt die Frage nach unserem Gegenüber: Bin ich verrückt, oder sind es doch die anderen? Natürlich sind es die Typen von damals, anno 1890, wie etwa Schöllers Ziehsohn Eugen. Dessen Sprachfehler — Eugen kann kein ‘L´ sprechen — hält ihn jedoch nicht von seinem Vorhaben ab, Schauspieler zu werden. Gideon Rapp verkörpert Eugen Rümpel, wie der selbstbewusste Wortakrobat mit vollem Namen heißt, vortrefflich. Seine Texte („Ich habe anne großen Knassiker genesen“) urkomisch, sein Schauspiel fabelhaft — so machen die Festspiele Spaß.

Da kommt man ins Grübeln. Sind es heutzutage nicht Typen, die sich im Café verabreden und dort mehr mit ihrem Smartphone als mit ihrem Gegenüber beschäftigt sind, die irre genannt werden dürfen? Stets sind es die anderen, nie man selber. Der Stoff, aus dem das Lustspiel ist, ist zeitlos. Und diese Zeitlosigkeit macht es so erfolgreich. Immer wieder bietet es Identifikationsmöglichkeiten, so etwa Klapproths Versuch, sich „die Bekloppten“ mit Alkohol erträglich zu trinken.

Die „verschrobene Gesellschaft“ in der „Kli-Kla-Klapse“ beobachtet Klapproth (großartig gespielt: Jan-Christof Kick) mit kessem Lächeln, Berliner Schnauze und hochgezogenen Augenbrauen. Der Entschuldigung „Oh, jetzt hätte ich mich fast auf Ihre Brille gesetzt“ entgegnet er: „Macht nix. Die hat schon ganz andere Dinge gesehen!“ Das Publikum lacht, amüsiert sich köstlich. Es kann gut nachvollziehen, wenn Klapproth feststellt, dass die Situation ihn überfordert: „Wenn das so weiter geht, dreh’ ich selber noch durch.“

60 Prozent der Karten des Festspiele-Lustspiels sind bereits verkauft. Da sich Tickets sichern lohnt, ist Eile geboten. Die Vorstellungen dauern gute zwei Stunden, die Pause ist 30 Minuten lang.

Ein großes Bravo an alle Beteiligten!F

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