Kitas: Übernachten nicht erlaubt

Der traditionelle Übergang vom Vorschulkind zum i-Dötzchen wird durch einen Erlass erschwert.

Kitas: Übernachten nicht erlaubt
Foto: Büttner/dpa

Willich. Für viele Vorschulkinder ist es der Höhepunkt des Jahres: Kurz bevor sie als i-Dötzchen in die Grundschule wechseln, dürfen sie in der Kita übernachten. Mit Schlafsack, Taschenlampe und Kuscheltier eingedeckt, starten sie in ihr großes Abenteuer — ganz ohne Papa und Mama. Auch Jan aus Anrath freut sich — so wie seine 19 Freunde in der Kita-Gruppe — schon wie Bolle auf das für den 13. Juli geplante Event in der städtischen Einrichtung an der Huiskenstraße. Doch seine Mama Jenny Poscher wird ihn wohl enttäuschen müssen: Die Stadt Willich erlaubt Kita-Übernachtungen nicht mehr.

„Ich habe es Jan noch gar nicht gesagt“, bekennt Jenny Poscher im Gespräch mit der WZ. Denn ihr Sohn werde sicher fürchterlich enttäuscht sein. Auch die Erzieherinnen seien von der Information aus dem Rathaus alle wie vor den Kopf gestoßen.

Auf der Facebook-Seite „Du bist Anrather, wenn . . .“ hat sie ihrem Ärger Luft gemacht. Denn die Entscheidung der Stadt kann sie nicht nachvollziehen. Damit ist sie nicht allein: In unzähligen Kommentaren wird Kritik am Vorgehen der Stadt geübt. „Ekelhaft, wie man so kinderfeindlich sein kann“, heißt es da. Oder: „Was ist los mit der Verwaltung?? Geht´s denen nicht gut?? Generationen von Kindergarten-Kindern haben mit dem Abschluss-Schlafen den Startschuss ins Schulleben gefeiert. Und jetzt, ganz plötzlich, dürfen sie das nicht mehr.“

Michael Süßbeck, bei der Stadt zuständig für die Kindertagesstätten, hatte mit solchen Reaktionen gerechnet. „Ich kann verstehen, dass die Eltern das nicht so schön finden“, sagt er. Doch die Verwaltung müsse so reagieren: Seit Februar gebe es einen Erlass des zuständigen NRW-Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung. Danach könne man solche Übernachtungen nicht einfach erlauben, da die Baugenehmigung einer Kindertagesstätte im Normalfall Übernachtungen nicht einschließe. Deshalb müsse für jede einzelne Übernachtung eine Nutzungsänderung beantragt und von der Unteren Bauaufsicht genehmigt werden. Da dies mit einem riesigen bürokratischen Aufwand verbunden sei, habe man die Übernachtungen generell untersagt. Denn wenn etwas passiere, sei die Stadt dafür verantwortlich.

Aber wieso hat das Ministerium überhaupt den Erlass herausgegeben? Bisher waren solche Übernachtungen doch völlig problemlos möglich — offenbar frei nach dem Motto: Wo kein Kläger, da kein Richter.

Nach Informationen der WZ hat sich ein solcher Kläger in der Stadtverwaltung Wuppertal gefunden. Das dortige Ressort für Bauen und Wohnen hatte im Januar das Ministerium um Klarstellung gebeten, ob das Übernachten in Kindergärten genehmigungspflichtig ist oder eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstellt. In Düsseldorf fühlte man sich offenbar nicht dazu berufen, Verbote auszusprechen, weshalb der Ball an die Städte zurückgespielt wurde. In dem Erlass vom 15. Februar heißt es deshalb sinngemäß: Übernachtungen zum Abschluss des Kindergartenbesuches sind möglich, bedürfen aber der Zustimmung der Kommune. Dies wurde der Bezirksregierung Düsseldorf als obere Bauaufsichtsbehörde zugestellt, die den Erlass wiederum an die Kommunen weitergegeben hat — so auch nach Willich.

Jenny Poscher hat die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, dass Jan und seine Freunde in der Kita übernachten dürfen. „Ich habe unserem Bürgermeister eine E-Mail geschickt“, berichtet sie. Nun sei sie gespannt, wie Josef Heyes reagiere.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort