Kita-Streik Im Einsatz für mehr Anerkennung

Erzieherinnen setzen sich für ihre Interessen ein. Eltern und Großeltern dauert der Streik inzwischen zu lange.

Kita-Streik: Im Einsatz für mehr Anerkennung
Foto: Kurt Lübke

Tönisvorst. Der Streik in den Kindertagesstätten und Offenen Ganztagsschulen (OGS) ist mittlerweile in die dritte Woche gegangen. Am WZ-Mobil prallten am Donnerstag die Meinungen dazu aufeinander. Während die Erzieherinnen für ihre Interessen warben, gab es Kritik von Eltern und Großeltern — teils auch per E-Mail und auf Facebook.

„Wir leisten hochqualifizierte Arbeit“, betonte Eva Berger-Schickel von der OGS. Doch die Bezahlung und die Anerkennung für diesen Beruf seien schlecht. Verhindert werden müsse auch, dass ungelernte Aushilfskräfte an die Einrichtungen gelangten, um Geld zu sparen. Das sei ebenfalls eine Forderung dieses Tarifkampfes.

„Ich habe eine fünfjährige Ausbildung gemacht“, berichtet Tina Zellermann. Danach seien viele Aufgaben, zum Beispiel im Bereich Inklusion, dazu gekommen, für die man sich habe qualifizieren müssen. Doch honoriert werde das nicht. Dass viele Eltern „genervt“ seien, könne sie verstehen, doch einen anderen Weg gebe es für die Erzieherinnen nicht. „Ich würde gerne wieder arbeiten und nehme selbst finanzielle Einbußen in Kauf“, sagt sie.

Erzieherin Ira Tuschmann-Geneschen vertritt die gleiche Meinung. Sie räumt aber wie ihre Kolleginnen Beate Kaufmann und Stefanie Floeth ein, dass alle wegen der Kinder „Bauchschmerzen dabei haben“. Man leiste hochprofessionelle und pädagogisch wertvolle Bildungsarbeit.

Sandra Heyer von der Kita Wiesenzauber hat zehn Jahre Berufserfahrung. Doch im Lohn drücke sich das nicht aus. Sie fordert „ein stückweit Anerkennung“ für diesen anspruchsvollen Beruf.

Das sieht die studierte Schulsozialarbeiterin Tanja Bruckes ganz ähnlich. Sie befindet sich ebenfalls im Streik und berichtet von den vielfältigen Aufgaben, die sie an den beiden Schulstandorten habe: „Das reicht vom Kaugummi aus den Haaren entfernen bis hin zu Hausbesuchen bei den Eltern.“

„Wir brauchen die Sozialarbeiter, ohne sie ist der Alltag kaum denkbar“, ergänzt Katrin Wiethoff, die als Lehrerin an der Sekundarschule unterrichtet. Diese müssten viele Aufgaben erfüllen, angefangen von praktischen Hilfen (etwa wenn ein Schüler das Frühstück vergessen hat), bis hin zur Elternarbeit.

Wie Andrea Bittermann-Göring (Kita Feldstraße) berichtet, habe sie bei der Berufswahl wenig über die finanziellen Perspektiven nachgedacht. 22 Jahre sei sie mittlerweile bei der Stadt Tönisvorst beschäftigt. Obwohl in dieser Zeit viele Aufgaben neu dazugekommen seien, habe es keine Höherdotierung gegeben. „Der Anreiz für den Beruf fehlt“, sagt sie.

Aus der Perspektive einer Mutter beurteilt Stefanie Jaschke den Streik. Ihre Kinder besuchen die Kita Wiesenzauber. „Die Erzieherinnen kümmern sich gut um die Kinder, ich kann ihren Streik verstehen“, sagt sie. Viele Eltern bekämen dadurch aber mittlerweile berufliche Probleme — vor allem alleinerziehende Mütter. So sieht das auch Nina Ramackers, die neben ihrem eigenen Kind auch noch eine Nichte betreut.

Manfred Schaffhausen berichtet von einem Elternpaar, das sich unbezahlten Urlaub genommen habe, um die Kinder daheim betreuen zu können. Das gehe aber nicht endlos so weiter. Verständnis für die Forderungen der Erzieherinnen habe er nicht: „Die sind nicht so schlecht bezahlt. Ein Fabrikarbeiter hat das Geld nicht.“

Da gibt ihm Margita Wetzel, selbst fünffache Mutter, recht. „So anstrengend ist das nicht. Ein Lächeln der Kinder ist doch auch schon eine Anerkennung.“ Und sie erinnert daran, dass auch andere soziale Berufe — etwa in der Altenpflege — schlecht bezahlt würden.

Inzwischen gehe der Streik auf Kosten aller und sei insbesondere für die Kinder eine Zumutung, sagt Edda Zielinski. Sie wohnt in Aachen, ist aber in der dritten Woche in Tönisvorst, um die Kinder ihrer Tochter zu betreuen.

Marion und Dieter Heymanns wohnen in Willich. Die beiden stehen derzeit jeden Tag um 6 Uhr auf, weil sie um 7 Uhr ihren Enkel in St. Tönis abholen. „Wir haben zwar Verständnis, aber in der dritten Woche wird es doch langsam schwierig“, sagt Dieter Heymanns.

Brunhilde Lenting kümmert sich um ihre beiden Enkelkinder und unterstützt den Streik. „Man sollte dem Bürgermeister jeden Tag eine Kindergartengruppe ins Büros setzen“, sagte sie entrüstet.

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