Hauptgewinn: 20 000 Euro für TV Schiefbahn

Belohnt wird herausragendes Engagement in integrativen Sportgruppen. Die haben die Eheleute Adomeitis aufgebaut.

Hamburg/Schiefbahn. Beim TV Schiefbahn dürfen die Sektkorken knallen: Der Verein ist für den Bereich barrierefreier-integrativer Sport mit dem Hanse-Merkur-Preis für Kinderschutz 2012 ausgezeichnet worden. Der Hauptpreis der Versicherung für „herausragendes und wegweisendes Engagement“ ist mit 20 000 Euro dotiert.

Rückblick: Vor mehr als zehn Jahren beschlossen die Eheleute Petra und Stephan Adomeitis, sich ein gemeinsames Hobby zu suchen. Keiner ahnte, dass daraus eine Lebensaufgabe werden würde. Petra Adomeitis hatte die Idee, als sie in einer integrativen Schule ein behindertes Kind betreute und feststellen musste, dass es für dieses Kind keine Freizeitsportangebote gab. Das Ehepaar beschloss, eine integrative Sportgruppe aufzubauen.

Mit Feuereifer machte es sich ans Werk, gewann den TV Schiefbahn als Partner und machte Übungsleiterscheine. 2001 fiel der Startschuss mit fünf Kindern. Schnell sprach sich das ungewöhnliche Angebot für Behinderte und Nichtbehinderte zwischen drei und 25 Jahren herum.

Mit dabei ist Jacqueline. Die 17-Jährige leidet infolge einer Hirnhautentzündung an epilepsieähnlichen Anfällen. 20 Tage lag das Mädchen im Koma, bekam wiederkehrende Krämpfe. Diese erschöpfen Jacqueline noch heute so sehr, dass sie immer wieder für Tage in einen komaähnlichen Schlaf fällt. Ihre Freunde zogen sich von ihr zurück.

Im TV Schiefbahn kennt man Jacquelines Anfälle. Keiner erschrickt, wenn sie trotz Medikamenten krampfend zusammenbricht. Und auch die Turnkameraden geraten nicht in Panik. Sie wissen, dass hier viele Kinder krank sind und kennen die Schicksalsgeschichten der Freunde.

Jacqueline hat in der Sportgruppe zum ersten Mal Anerkennung gefunden. „Wir sind auf die verschiedenen Krankheitsbilder geschult“, erläutert Stephan Adomeitis. „Einen Behindertenbonus gibt es bei uns aber nicht. Alle können alles — jeder auf seine Weise“. Und so treffen sich jede Woche Kinder mit Downsyndrom, Krebs, geistigen und körperlichen Behinderungen, Herzfehlern oder Hörschwäche und gesunde Kinder zum Turnen, Fußballspielen oder Trampolinspringen.

Auch die Eltern profitieren davon. Sie finden Menschen, die ebenfalls einen Schicksalsschlag durchleben mussten und das Gefühl kennen, dass sich die Freunde zurückziehen und die finanzielle Belastung oft die Grenzen des Machbaren überschreitet.

Mittlerweile betreuen Petra und Stephan Adomeitis in acht Gruppen rund 130 Kinder und Jugendliche. Die Nachfrage wächst ständig. „Besonders die gesunden Kinder profitieren von unserem Angebot. Sie lernen Respekt vor dem Anderssein, Rücksicht zu nehmen und nicht aufzugeben“, berichtet Petra Adomeitis.

Unterstützt wird das berufstätige Ehepaar von einer Ärztin. Und doch sind Petra und Stephan Adomeitis Monat für Monat 60 bis 70 Stunden im Einsatz. Hinzu kommen Ausflüge und Ferienaktivitäten, die die beiden planen und organisieren.

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