Haiti immer noch am Abgrund

Hilfe: Das Hilfswerk action medeor ist weiterhin aktiv im vom Erdbeben zerrütteten Land. Von dort berichtete eine langjährige Partnerin.

Vorst. Wie läuft die Hilfe für Haiti? Bewegt sich in dem vom Erdbeben betroffenen Land etwas? Diesen Fragen ging das Hilfswerk action medeor jetzt nach. 30 Gäste konnte die Leiterin der humanitären Hilfen, Alexandra Geiser, begrüßen. Darunter Firmen-Vertreter und Einzelpersonen, die die Haiti-Hilfe in der Vergangenheit unterstützt hatten. Die Koordinatorin der Vorster Not- und Katastrophenhilfe stellte Marie Josée Laguerre (50) als eine langjährige Partnerin vor. Sie hat vor 28 Jahren von Deutschland aus die Haiti Kinder Hilfe gegründet.

Um die Auswirkungen des Erdbebens mit Hunderttausenden von Toten und über einer Million Obdachlosen deutlich zu machen, schilderte die Haitianerin das Leben der Einheimischen vor der Katastrophe: etwa 90 Prozent seien Analphabeten, das Pro-Kopf-Einkommen im Jahr lag bei 170 Euro. Für eine ärztliche Untersuchung zahle man rund 200 Euro. Abholzungen hatten dazu geführt, dass Haiti nur noch sehr wenig Wald habe. Immer knapper werde daher das einzige Heizmaterial. Genauso knapp sei das Wasser. Bildungschancen: gleich null. Laguerre: "Wenn wir der Landbevölkerung die Vorzüge von Solarkochern erklären, meinen sie, das seien Voodoo-Zaubereien."

Es werde noch Jahrzehnte dauern, bis sich Haiti von dem Erdbeben erholt habe. Noch immer lägen Tausende von Menschen unter den Trümmern, gäbe es allein in Port-au-Prince etwa 900 Camps, in denen die Bevölkerung notdürftig versorgt würde. "Hinzu kommt, dass der Staat uns im Wege steht und vieles blockiert", berichtete sie davon, dass nicht alle Hilfssendungen die Bedürftigen erreichen: "Der Zoll will erst einmal genau wissen, was geschickt wird und welchen Wert die Dinge haben."

Die Haiti Kinder Hilfe, die unter anderem Kinderheime betreut, will wie action medeor in ihrem Engagement nicht nachlassen. So sollen unter anderem bald Jugendliche als "Trockenmaurer" ausgebildet werden, um einfachste sanitäre Anlagen zu errichten. Das Medikamenten-Hilfswerk, das bislang Unmengen von Hilfsgütern auf den Weg gebracht hat, will noch mehr tun. Alexandra Geiser berichtete, dass Gesundheitsstationen, Waisenhäuser und Sanitärprojekte aufgebaut werden sollen.

"Action medeor war stets ein verlässlicher Partner", sagte Marie Josée Laguerre und erinnerte daran, dass das Hilfswerk schon wenige Stunden nach dem Erdbeben die ersten Hilfestellungen gab. Sie selbst will am 25. Mai nach Hause zurückkehren: "Dort werde ich mehr denn je gebraucht."

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