Gedenken: Vorster wurde nach Polen verschleppt

Das Schicksal von Josef Vogel, der wahrscheinlich von den Nazis getötet wurde, ist ein Stück weit aufgeklärt. Es bleiben Fragen.

Vorst. Die Geschichte entwickelt sich zu einem Krimi: Was wurde aus Josef Vogel? Das ist der ehemalige Vorster Mitbürger, den die Nazis verschleppt und möglicherweise umgebracht haben. Die Westdeutsche Zeitung berichtete am vergangenen Dienstag, dass der Initiativkreis „Stolpersteine“ Zeitzeugen sucht, die zu dieser Geschichte etwas sagen können. Mit einem Stolperstein und/oder auf einer Gedenktafel will der Initiativkreis Josef Vogels gedenken.

Zur Erinnerung: Der Vorster, Jahrgang 1918, soll zunächst in der Heilanstalt Süchteln gewesen, dann in die Nazi-Anstalt Schwalmtal-Hostert geschickt worden sein. Von hier aus, so wird es in Vorst erzählt, wurde er nach Berlin gebracht, wo ihn die Nazis getötet haben sollen. Seiner Mutter soll es gelungen sein, seinen Leichnam abzuholen und nach Vorst zu bringen, wo sie ihn angeblich bei einem hochrangigen Nazi-Funktionär vor der Tür abstellte.

Nach der Veröffentlichung in der WZ meldete sich das Kreisarchiv in Kempen. Mit anderen Erkenntnissen: Vogel sei am 14. Oktober 1943 in das Alexianer-Kloster nach Krefeld gebracht und von dort aus in das Lager Meseritz Orawalde bei Posen. Diese „Irrenanstalt“ war 1904 gegründet worden, die Nazis hatten sie 1938 zu einer „Heilanstalt“ umdeklariert. Ob Vogel dort gestorben ist, ist noch nicht klar. Allerdings stimmt das Datum (5. Juni 1944), das die Nazis mitteilten, mit den kirchlichen Unterlagen (Totenbuch, Totenzettel) überein. Das hatte bereits Heinz-Gerd Schuh vom Vorster Heimatverein herausgefunden.

Die Erkenntnisse des Kreisarchivs stammen wiederum aus Unterlagen des Landesarchivs Berlin. „Wir haben dort gebeten, uns die Unterlagen zur Verfügung zu stellen“, sagt Manfred Tripp vom Initiativkreis „Stolpersteine“. Von dort sei auch bereits eine Zusage gekommen.

Was nach jetzigem Erkenntnisstand noch nicht klar ist: War Josef Vogel, der wahrscheinlich an Epilespie litt, tatsächlich in der damaligen Nazi-Heilanstalt Schwalmtal-Hostert? Und: Was ist mit der Geschichte, dass seine Mutter seinen Leichnam in Berlin abgeholt hat? „Dazu wissen wir noch nichts. Wir müssen die Unterlagen abwarten“, sagt Tripp. Aber eigentlich könne die Geschichte sich so nicht abgespielt haben können.

Eines scheint allerdings klar zu sein: Vogels Mutter hatte bereits frühzeitig erfahren, dass ihr Sohn tot war. „Sie arbeitete auf einem Bauernhof in der Hahnenweide. Eines Tages soll sie gesagt haben: ,So, jetzt haben sie ihn umgebracht’“, berichtet Manfred Tripp. Wenn aber Josef Vogel weit weg von seiner Heimat starb — wie kam er ins Totenbuch der Gemeinde Vorst? Wie auf den Totenzettel? Möglicherweise ließ seine Mutter nach der offiziellen Todesnachricht der Nazis eine Messe für ihn lesen.

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