Gebürtiger Vorster im fernen Buenos Aires gestorben

Als Jude musste Benno Willner 1938 aus Vorst fliehen. Oft hat Benno Willner betont, wie gerne er nach Vorst zurückkommen würde. Auch den Heimatbrief der "Freunde des Vörschter Platt" ließ er sich nach Südamerika schicken. In Argentinien ist er nun gestorben.

Tönisvorst. An seine alte Heimat hat sich Benno Willner immer gerne erinnert. "Viele Deutsche wissen gar nicht, was sie an ihrem Land haben", sagte der gebürtige Vorster im Gespräch, als er vor zehn Jahren zum letzten Mal den Ort seiner Kindheit besuchte. Als 13-Jähriger war er 1938 von dort vertrieben worden: Die jüdische Familie floh vor den Nazis zunächst nach Venlo, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs dann nach Argentinien. Im fernen Buenos Aires ist Benno Willner jetzt im Alter von 84 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben.

Am Mittwoch blickten der langjährige Stadtdirektor Hans Hochbruck und der ehemalige CDU-Fraktionschef Matthias Funcken im Büro von Bürgermeister Albert Schwarz auf das Leben von Benno Willner zurück. "Mit seinem Tod geht eine wichtige Epoche langsam zu Ende, die nicht vergessen werden darf", hob Schwarz dabei hervor.

In den 70er Jahren hatte Benno Willner wieder Kontakte zu Hans Hochbruck geknüpft. Der hatte seit der Flucht der Familie Willner nichts mehr von seinem alten Schulfreund gehört. "Er war Sohn eines Viehhändlers und wohnte gleich neben dem Vorster Rathaus", berichtete der 83-Jährige gestern.

An die genauen Umstände der Vertreibung des Altersgenossen könne er sich nicht mehr erinnern: "Soweit ich aber weiß, hat es in unserer Schulklasse am Realgymnasium Moltkeplatz in Krefeld keine Feindschaft gegen ihn gegeben."

Tatsächlich scheint Benno Willner überwiegend schöne Erinnerungen an seine Kindheit am Niederrhein gehabt zu haben. "Ich habe damals nicht genau verstanden, warum wir gehen mussten. Die Eltern haben versucht, die Schrecken von uns fern zu halten", berichtete er im Juni 1999 bei einem Empfang im Tönisvorster Rathaus.

Oft hat Benno Willner betont, wie gerne er nach Vorst zurückkommen würde. "Heimat ist nicht da, wo man lebt", sagte er. Doch da seine beiden Töchter und die vier Enkelkinder in Argentinien aufgewachsen sind, blieb die Rückkehr nach Deutschland ein Traum.

Immerhin sah Benno Willner seinen Geburtsort zweimal wieder: 1982 war der erste Besuch, 1999 der zweite. Auch den Heimatbrief der "Freunde des Vörschter Platt" ließ er sich nach Südamerika schicken.

Matthias Funken lernte Willner und dessen Frau Eva (sie stammte aus Berlin) 1982 kennen. "Seitdem hielten wir per Brief und Mail engen Kontakt." Als das Ehepaar vor einigen Jahren wegen der hohen Inflationsrate in Argentinien in finanzielle Not kam, konnte er von Deutschland aus helfen: Mit Unterstützung der Stadtverwaltung gelang es, Sozialhilfe für Deutsche im Ausland zu organisieren.

Bereits im Vorjahr war Eva Willner, ebenfalls eine nach Argentinien geflohene Jüdin, gestorben. In Israel lebt noch Helmut Willner, Bruder von Benno. Auch er hat vor einigen Jahren noch einmal Tönisvorst besucht. Weitere Kontakte zu vertriebenen jüdischen Bürgern gab es nicht. Was Albert Schwarz bedauert. "Der persönliche Kontakt ist manchmal wichtiger als ein Kranz am Denkmal."

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