Fritten direkt vom Feld

Anrath scheint ein besonders gutes Pflaster dafür zu sein, Menschen in den April zu schicken.

Willich/Tönisvorst. Na, haben Sie den gestrigen Sonntag gut überstanden? Oder haben Freunde oder Angehörige ihnen einen deftigen Streich gespielt? Die Gelegenheit dazu war günstig, denn am Sonntag war der 1. April. Traditionell werden an diesem Tag die Leute „in den April geschickt“.

Anrath war in diesem Jahr ein besonderes gutes Pflaster für solche Scherze. So flatterte der WZ-Redaktion schon vor Tagen ein Brief ins Haus, der in der Diskussion über die Zukunft der Alleeschule ein neues Kapitel aufblättern wollte. „Anrather Brauhaus übernimmt die Schule“ lautete die spektakuläre Überschrift. Zu lesen war dann in der Mitteilung, dass ein bekannter ortsansässiger Gastronom die alten Schulräume umbauen lassen möchte, um dort ein Bürgerzentrum mit angeschlossener Kneipe eröffnen zu können. Ein schöner Vorschlag — der aber leider nur auf der blühenden Phantasie des Verfassers beruht.

„Neu in Anrath: Segeln lernen leicht gemacht“ heißt es aus einer anderen Quelle. Das ohnehin schon umfangreiche Angebot an sportlichen Betätigungsmöglichkeiten im Ort werde um eine Attraktion reicher. An der L 361, nahe der Kreuzung zur Landstraße zwischen Tönisvorst und Willich, werde künftig nämlich Wassersport möglich sein.

Das tiefer gelegene Gelände einer alten Sandgrube werde mit Sümpfungswasser aus dem Braunkohle-Tagebau geflutet, so dass dort ein See entstehe. Auf dem werde sich dann die eigens gegründete Anrather Surfschule ansiedeln, die den „Williker Wenk“ (Willicher Wind) nutzen wolle. Viele schöne Fakten — die aber leider allesamt erfunden waren.

Das gilt auch für die Geschichte vom berühmten Anrather Weber Johann Leddsches, der im 19. Jahrhundert das Trockenweben eingeführt haben soll. „Erstmals wurden die Weber bei der Arbeit nicht mehr nass“, heißt es dazu mit aller größter Glaubwürdigkeit. Die Idee zu einem neuen Schärbaum sei Leddsches beim Barbier gekommen. Und mit dem guten alten Lehrer Matthias Tüte habe er die beliebte Schultüte entwickelt.

Spätestens an dieser Stelle werden dem einen oder anderen Zweifel gekommen sein, ob dies alles denn wahr sein kann. Erst recht, wenn dann behauptet wird, der Mundart-Singkreis des Bürgervereins habe sich im Gedenken an das Anrather Original „Die Leddschesweäver“ genannt — was ja übersetzt eigentlich nur „Die Liederweber“ heißt . . .

Die WZ macht solche Scherze nicht. Zumal der 1. April auf einen Sonntag fiel, an dem Tageszeitungen gar nicht erscheinen. An frühere Aprilscherze, die bei den Lesern gut angekommen waren, erinnert sich allerdings WZ-Fotograf Friedhelm Reimann noch gut. So hatten die St. Töniser Karl-Heinz Maaßen und Hans Kutz einst die Idee, dass auf den Feldern eines Freundes und Landwirts in Unterweiden Pommes frites angebaut werden könnten. Wer die ersten Exemplare erntefrisch erhalten wollte, musste sich morgens auf dem Bauernhof einfinden.

Ebenso frei erfunden war die Geschichte von dem „Punktbeben“ in Vinkrath, dem etliche Bäume zum Opfer gefallen sein sollen. Und auch die neue Eislaufbahn vor den Toren von St. Tönis bestand nur aus blauen Folien, die von Friedhelm Reimann geschickt ins Bild gesetzt worden waren. Der vor einigen Jahren verstorbene Bäckermeister Gustav Steeg, ehemaliger Deutscher Meister im Eisschnelllauf, machte den Scherz damals mit und ließ sich mit seinen Schlittschuhen sogar auf den Folien fotografieren.

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