Franz Kersten nimmt Abschied aus dem TönisvorsterStadtrat

Im Oktober werden die neuen Stadträte gebildet. Nach über 20 Jahren ist Franz Kersten nicht mehr dabei.

Tönisvorst. Gewiss, der Begriff des Urgesteins ist abgenutzt, ebenso wie der Ausdruck des Polit-Dinosauriers. Dennoch treffen sie auf diesen Mann zu, einhundertprozentig. Franz Kersten ist beides. Und er ist ein Stück Tönisvorster Parteien-Geschichte. Mit ihm ist die Unabhängige Wählergemeinschaft Tönisvorst (UWT) untrennbar verknüpft.

Wenn jetzt die Legislaturperiode endet, verlässt Franz Kersten den Stadtrat. Damit auch die politische Bühne? Kersten tut das, womit er Gegner wie Freunde in den vergangenen Jahrzehnten zum Verzweifeln bringen konnte: Er lächelt und schweigt.

Erleichtert, dass es bald vorbei ist? "Ja", sagt der Vorster, während man ihm förmlich anmerkt, dass noch längst nicht alles verarbeitet ist. Der Schmerz der Trennung sitzt tief. Nach 20 Jahren hat er die Gemeinschaft verlassen, die er gegründet hat, die sein Kind war. Anstatt ihr Ehrenvorsitzender zu sein, sah er von außen zu, wie sie sich in der Wählergunst halbierte.

Sieht er sich in der Mitverantwortung? Trifft ihn ebenfalls Schuld? "Natürlich", betont der 82-Jährige. "Der Fraktion ist es nicht gelungen, als Mannschaft aufzutreten." Hinzu kam, dass mit der Gemeinschaft Unabhängiger Tönisvorster (GUT) eine weitere Gruppierung ins Spiel kam. "Mit denen hätte man sprechen müssen", sagt Kersten. Aber schon in diesem Punkt konnte er sich nicht mehr durchsetzen.

Ebenso war’s mit dem Bürgermeister-Kandidaten. Franz Kersten hätte sich für Thomas Goßen entschieden. Dennoch - er trug die Kandidatur von Christian Hoechtlen mit.

Ein Blick zurück. "Bis Mitte der 70er Jahre habe ich mich nicht um Politik gekümmert", erzählt Kersten. "Dann lernte ich Jochen Wiegand kennen, Chef der SPD-Kreistagsfraktion." Der nahm ihn mit, innerhalb kürzester Zeit fand sich Kersten an der Parteispitze wieder, zog in den Rat ein. Bis 1989.

Neben fachlichen Differenzen war es ein insbesondere ein Umstand, der ihn aus der Partei drückte: Lothar Vauth - wie sich die Dinge gleichen, möchte man sagen. Gemeinsam mit Gerhard Kabel, Hans Nilkens und Gerhard Löwel gründete er die UWT. Mit zwei Mandaten landete der Verein im Stadtrat.

"Es gab vor allem drei Faktoren, die uns geholfen haben", sagt Kersten. Da sei eine oft hervorragende Presse gewesen, die Diskussion ums Schwimmbad, aber auch die lange Debatte um den Bau der Lebenshilfe in Vorst.

Obwohl es vielen so vorkam: Franz Kersten wollte nie den Sparkommissar geben. "Man kann nicht um jeden Preis sparen." Dennoch war dies ein Punkt, auf den seine Fraktion pochte. Manchmal fast penetrant, andere sagen beharrlich.

"Ich habe den Ausgleich gesucht, nie die Konfrontation", erklärt der 82-Jährige. Es sei die Grundkonzeption der UWT gewesen, die Vermittlerrolle zu spielen. Das sei heute verloren gegangen. Die Gemeinschaft sei den Parteien zu ähnlich geworden.

Was hat er nicht geschafft? "Den städtischen Haushalt haben wir nicht zu Ende saniert", sagt er bedauernd. Und schaut auf die Hauptursache: den Bau des Schwimmbades, in seinen Augen ein einziges Desaster. "Das hätte nicht gebaut werden dürfen."

Was war sein größter Erfolg? Jetzt passiert’s: Franz Kersten lacht lauthals. Der Erfolg der UWT vor dem Bundesverwaltungsgericht. Wo der Versuch der anderen Tönisvorster Parteien endgültig scheiterte, die Unabhängigen über Listenverbindungen auszubooten. "Heute wird in der juristischen Literatur vom ‚Tönisvorster Urteil’ gesprochen", sagt er und klingt dabei fast schwärmerisch.

Und was treibt der Mann künftig? Mit seinem Computer wird er sich beschäftigen, Programmieren ist sein Hobby. Und dann ist er nach wie vor Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt in Vorst. Da soll frischer Wind rein. Ein gewisses Comeback ist nicht ausgeschlossen.

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