Neersen Eine Brücke zwischen den Religionen

Neersen. · Premiere beim Deutsch-Lettischen Freundeskreis in Neersen: Erstmals hatte der Verein zum gemeinsamen Fastenbrechen mit Muslimen eingeladen.

 Christen und Muslime trafen sich am Freitagabend zum gemeinsamen Fastenbrechen in Neersen. Am Ende knüpften die Besucher gemeinsam ein Friedensnetz, das im KUDL seinen Platz fand.

Christen und Muslime trafen sich am Freitagabend zum gemeinsamen Fastenbrechen in Neersen. Am Ende knüpften die Besucher gemeinsam ein Friedensnetz, das im KUDL seinen Platz fand.

Foto: Norbert Prümen

„Ich bin sehr gespannt, wie es heute abläuft“, sagte Hildegard Herber-Spahn am Freitagabend im KUDL. Die Vorsitzende des Deutsch-Lettischen Freundeskreises meinte das Fastenbrechen, das jetzt erstmals in den Räumen des Vereins an der Hauptstraße in Neersen stattfand. Wie es dazu gekommen war: Wolfgang Brock, Geschäftsführer des Vereins, und Zatin Cengiz, ein 48 Jahre alter Türke, der sich bei der Caritas für Flüchtlinge engagiert, waren auf die Idee gekommen. Gut 30 Menschen waren jetzt zum Fastenbrechen gekommen, wobei die Muslime leicht in der Überzahl waren. Der evangelische Pfarrer Rolf Klein und Zeliha Bicer vom Verein engagierter Zivilgesellschaften in Düsseldorf klärten über das Ritual des Fastens auf.

Rolf Klein hatte eine alte chinesische Klangschale mitgebracht. Er füllte sie mit allerlei Gegenständen und schlug dagegen, was einen dumpfen Ton auslöste. Dann leerte er die Schale, schlug erneut gegen das Gefäß – und schon war ein klarer, reiner Ton zu hören. „Fasten ist so, als würde man diese Schale leeren“, erklärte der evangelische Pfarrer. Er sagte, dass das Wort „Islam“ so viel wie Ergebung bedeute und vom selben Wortstamm abgeleitet ist wie „Frieden“.

Fasten war früher auch ein
Trauerritual, sagt Pfarrer Klein

Die Wurzeln des Fastens seien älter als das Judentum, das Fasten sei früher auch ein Trauerritual gewesen. Und es sei ein so genannter Selbstminderungsritus, ein Verzicht auf das, was einem ansonsten wichtig ist wie Fleisch, Alkohol oder Tanzvergnügen. Im Mittelalter galten die Fastenregeln als unumstößlich. Klein berichtete, dass Martin Luther zwar auch gefastet habe. Aber er sei dagegen gewesen, dass man durch zusätzliches Fasten so etwas wie Extra-Punkte bekommen würde.

Zeliha Bicer informierte über das Fasten der Muslime. „Die Fastenzeit ist eine sehr intensive und schöne Zeit für uns“, sagte sie. Zum Fasten aufgerufen seien Gemeindemitglieder ab dem Eintritt in die Pubertät. Befreit seien beispielsweise Schwangere, Reisende, geistig Behinderte sowie Altersschwache und gesundheitlich angeschlagene Menschen. Die Christen erfuhren, dass das Mahl, das nach Sonnenuntergang eingenommen wird, Iftar heißt und sie schauten auf das reichhaltige Buffet, das auf die Minute genau mit Eintreten des Sonnenuntergangs freigegeben wurde. Zeliha Bicer: „Das Fasten dient auch der Förderung des Miteinanders. Man lädt sich gegenseitig ein, liest aus dem Koran und spendet an Bedürftige. Die spirituelle Hingabe ist dabei wichtig.“ Die Fastenzeit solle auch dazu führen, dass man vermeintliche Bedürfnisse hinterfragt. Und wenn der Magen knurre, fühle man sich wie die Menschen, die zu arm sind, um sich satt zu essen.

Wolfgang Brock war mit dem Abend zufrieden: „Wir wollen Brücken zwischen den Religionen zu schlagen. Juden, Christen und Muslime sind alle Geschwister.“ Rolf Klein ergänzte: „Nur wenn wir uns kennen, können wir uns verstehen.“

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