Ein Leben für die Feuerwehr

Willi Kohnen hat in 60 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr Tönisvorst einiges erlebt — und kann viel erzählen.

St. Tönis. Bei seinen Einsätzen ist Willi Kohnen mehr als einmal vom Fahrrad gefallen und einige Male auch in Weidezäune geraten. „Wenn damals die Feuerwehr-Sirene ging, dann habe ich mir mein Rad geschnappt und bin so schnell es ging zur Leitstelle gerast“, sagt er.

Damals, das war vor 60 Jahren. Willi Kohnen war 18 Jahre alt. Asphaltierte Straßen gab es zu dieser Zeit nur wenige — und die holprigen Feldwege konnten tückisch sein.

Seit 1952 ist der heute 78-Jährige bei der Freiwilligen Feuerwehr Tönisvorst. Als es nach dem Krieg darum ging, wieder eine funktionierende Brandwehr aufzubauen, meldete er sich sofort. „Für mich war das selbstverständlich, dass ich da mitmache“, sagt Kohnen. Und es bot eine gute Gelegenheit, etwas zu erleben. „Ich wohnte auf dem Land, da waren wir immer unter uns und alles hat sich zu Hause abgespielt. Mir hat das nicht gereicht.“

Sein Wunsch ging in Erfüllung — erlebt hat Willi Kohnen tatsächlich viel in seiner Zeit bei der Feuerwehr. Angefangen bei seinem ersten Einsatz Silvester 1952, als er zu einem Wohnungsbrand gerufen wurde, über den Tag, an dem er von einem einstürzenden Giebel fast erschlagen worden wäre und mit einer Kopfverletzung zwei Wochen im Krankenhaus blieben musste, bis hin zu der Geschichte, die mit einem Schwein im Arm endete.

„Da brannten Stallungen und irgendwer rief, dass da noch Tiere drin seien. Also bin ich reingelaufen. Es war dunkel und verraucht, ich habe kaum etwas gesehen. Irgendwie habe ich dann ein Schwein zu fassen bekommen, es mir geschnappt und wollte mit ihm auf dem Arm nach draußen. Als ich rückwärts ging, bin ich über einen Trog gestolpert und rücklings auf dem Hosenboden gelandet. Das Schwein hatte ich natürlich noch im Arm — das muss wirklich ein komischer Anblick gewesen sein“, sagt er und lacht.

Auch wenn er die Geschichte auf eine lustige Art erzählt, waren seine Einsätze oft ganz schön gefährlich. „Das war ganz anders als heutzutage. Damals sind wir tatsächlich noch alleine in brennende Häuser gelaufen, nur mit einer Axt in der Hand.“ Atemschutzgeräte, die die Feuerwehrmänner mit Frischluft versorgen, gab es in den ersten Jahren nicht.

„Ich erinnere mich noch gut an die Anfänge, als die ersten Modelle eingeführt wurden“, sagt Kohnen. „Das waren Masken mit bis zu zehn Meter langen Schläuchen. Und am Ende stand einer und hat wie wild gepumpt.“

Chemieunfälle oder schwere Verkehrsunfälle gab es in den Anfängen der Freiwilligen Feuerwehr Tönisvorst kaum. „Das waren ganz andere Zeiten. Meist hat es gebrannt, und wenn, dann richtig“, sagt Willi Kohnen.

Wenn er von solchen Erlebnissen erzählt, wägt er seine Worte gut und vorsichtig ab. Er ist niemand, der groß aufträgt und eigentlich eher froh, wenn er nicht im Rampenlicht steht.

Immer an seiner Seite war und ist seine Frau Käthe (72). „Ich habe meinen Mann immer unterstützt. Wenn die Sirene ging, bin ich rüber in seine Schreinerei gelaufen und habe ihn und die anderen Männer informiert.“ Während die sich schnell anzogen, rief Käthe Kohnen im Krankenhaus an und fragte nach.

„Die mussten ja auch ausrücken und wussten daher immer schon, wo der Einsatz war. Dann brauchte mein Mann nicht erst zur Wache fahren, sondern konnte direkt zum Einsatzort“, sagt sie.

Eilig gehabt hat Willi Kohnen es immer schon. „Einmal habe ich gar nicht mitbekommen, dass die anderen Kameraden noch nicht im Feuerwehrauto saßen und bin einfach losgebraust. Da habe ich aber blöd geguckt, als ich vor Ort plötzlich alleine war“, sagt er.

Bis 1994 war Willi Kohnen aktiver Feuerwehrmann. Danach, mit 60 Jahren, wechselte er automatisch in die Ehrenabteilung.

Die Freiwillige Feuerwehr bedeutet für den 78-Jährigen bis heute mehr als nur die Einsätze, die damit verbunden sind. „Es geht um den Zusammenhalt, um Kameradschaft und um all das, was man gemeinsam erlebt.“ Dazu zählen auch jede Menge Bälle, Übungseinsätze und Feste.

Auch heute noch trifft er sich mit den anderen Mitgliedern der Ehrenabteilung alle fünf Wochen zum Stammtisch. Da werden sie dann wieder erzählt, die Geschichten vom einstürzenden Giebel und auch die vom geretteten Schwein. Nur eine ist garantiert nicht darunter.

„Das ist schon komisch, aber ich habe während der ganzen Jahre bei der Feuerwehr nie eine Katze vom Baum retten müssen“, sagt Willi Kohnen. Der Klassiker, er fehlt in seiner Geschichten-Sammlung. „Das liegt bestimmt daran, dass die Tiere damals noch selbstständiger waren“, sagt er und lacht.

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