Distel: Bissiges Ensemble stichelte gegen Politiker

Das Programm zum Guido-Prinzip hielt so manche Spitze gegen den Außenminister bereit.

St. Tönis. Was ist das Guido-Prinzip? Die Antwort auf die Titelfrage gab das Distel-Ensemble am Samstag im Forum Corneliusfeld erst zum Ende des Programms. Der Stadtkulturbund hatte das Berliner Kabarett-Theater ins Forum eingeladen — den Stachel am Regierungssitz, wie sich die Distel gerne nennt.

Das Forum glich mancher Bundestagssitzung: Es blieben einzelne Plätze leer. Vor allem im hinteren Bereich, wo die Hinterbänkler sitzen. Dort, so die Feststellung des Trios, könnten die Politiker keine Rückenschmerzen bekommen. Warum? Ohne Rückgrat keine Schmerzen.

Bissig, nachdenklich, intelligent — so kam die Distel daher. Bundesaußenminister und FDP-Chef Guido Westerwelle bot glänzende Vorlage. Dorina Pascu, Timo Doleys und Edgar Harter beleuchteten satirisch, genüsslich und mit aktuellem Bezug Machenschaften der Macht. Franz-Josef Grümmer (Piano) und Falk Breitkreuz (Holzblasinstrumente und Schlagzeug) begleiteten sie.

Als das Programm vor fast zwei Jahren an den Start ging, war Guttenbergs Doktor-Affäre noch ferne Zukunft, das Desaster um die japanischen Atomkraftwerke auch keine Realität. Hier hatte man — auch wegen des Berliner Geeiere um die Laufzeit der Deutschen Atomkraftwerke — eine neue Bezeichnung für die Radioaktivität parat: Röttgenstrahlen!

Gegenwart war Westerwelle, der seine Partei innerhalb eines Jahres nach Beginn der Koalition dorthin führte, wo man sie wegen ihrer drei Buchstaben despektierlich immer schon sah: Die Fast-Drei-Prozent-Partei.

Auch das Amt des Bundespräsidenten war Thema. Wie man einen so jungen Mann wie Wulff wählen konnte. Eine Viertelmillion Jahresgehalt — bis ans Lebensende. Und das, wo Netzer kompetenter und Johannes Heesters schon wegen des Alters billiger gewesen wären.

Politiker ohne Aura, dafür aber mit Aua (Pofalla) und die Frage, wie ein Politiker so werden könne wie Westerwelle ebneten sich den Weg durchs Programm.

Zwischendurch eine bitterböse militärische Modenschau bis hin zum „Totenhemd Walhalla“, die dafür sorgte, dass jeder wusste: Hier ist Kabarett, nicht Comedy.

Was aber ist denn nun das Guido-Prinzip? Man habe die DNA Westerwelles geknackt habe und können ihn von innen sehen. Das Gehirn sei eine Spekulationsblase, das Sprechwerkzeug überproportional ausgebildet. Die Distel hielt in der Zugabe fest, dass man diesen Guido nicht bräuchte. Das Publikum wurde sehr gut unterhalten wieder in die reale Welt entlassen.

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