Diözeseanrat: „Gesellschaft ist gespalten“

Diskussion um Mindestlöhne, mehr Solidarität und ungleiche Arbeitsverhältnisse.

St. Tönis. Vertreter des Diözesanrats der Katholiken sehen eine Spaltung der Gesellschaft, die immer größer wird. Dies ist nur einer der Punkte in seinem Positionspapier zur Bundestagswahl: "Wir möchten über diese Forderungen mit den Menschen ins Gespräch kommen. Deshalb haben wir uns bewusst für ein kurzes, prägnantes Papier entschieden - auch wenn das stärker angreifbar ist", sagte Renate Müller, Vorsitzende des Diözesanrats.

Mehr Solidarität mit schwächeren Menschen, höhere Investitionen in öffentliche Einrichtungen wie Tagesstätten und Schulen und garantierte Mindestlöhne sind weitere Forderungen, die der Diözesanrat an die Politik stellt.

Zum Auftakt einer neuen Diskussionsreihe argumentierten CDU-Landtagsabgeordneter Christian Weisbrich und Universitätsprofessor Matthias Möhring-Hesse im St. Töniser Marienheim. "Mindestlöhne machen nicht gerechter", betonte Weißbrich. Seine Lösung: Kombilöhne, bei denen Staat und Unternehmer die Löhne teilen.

Laut Möhring-Hesse vollziehe sich gesellschaftliche Spaltung auch durch unterschiedliche Arbeitsverhältnisse. "Befristete Stellen und Teilzeitjobs ermöglichen kein Arbeiten auf Augenhöhe." Menschen seien durch ihre Arbeit auch ausgeschlossen - ausgestattet mit weniger Rechten, so Möhring-Hesse.

Selbstverantwortliches Handeln müsse gefördert werden, um es den Menschen zu ermöglichen, für die eigene Existenz alles zu geben, so Weisbrich. Das sieht auch Möhring-Hesse so. Allerdings sollte seiner Meinung nach nicht der Einzelne getriezt, sondern durch staatliche Hilfe in die Lage versetzt werden, seinen Lebensunterhalt selbst zu erarbeiten. Dies könne durch höhere Investitionen in Bildung geschehen.

Für diesen sozialen Ausgleich seien finanzielle Hilfen allerdings nicht ausreichend. Es komme viel mehr auf die Bereitschaft der Menschen an, mitzuhelfen: "Es ist auch Aufgabe der Kirche, die Gesellschaft zu mobilisieren", sagte Möhring-Hesse. Dabei ginge es nicht darum, Mitleid mit den Betroffenen zu wecken. "Es muss deutlich werden, dass alle profitieren, beispielsweise durch verbesserte Pflegeeinrichtungen und mehr Freizeitangebote."

Viel Phantasie sei noch nötig, fasst der stellvertretende Vorsitzende Altfried Spinrath zusammen, um die besten Umsetzungsmöglichkeiten für eine solidarische Gesellschaft zu entwickeln.

Obwohl sie nicht gut besucht war, zeigte sich Renate Müller zufrieden mit der Diskussion. "Wir möchten Hintergründe nachvollziehbar machen und das Bewusstsein für das Wahlverhalten schärfen. Denn auch wer nicht zu Wahl geht, wählt - indem er extremen Parteien Raum bietet", erklärte sie. Im Juni will der Diözesanrat auch die Kandidaten zur Bundestagswahl mit seinen Forderungen konfrontieren.

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