Ortsgeschichtlicher Bezug 50 Jahre Willicher Stadtgeschichte in Skulpturen

Willich. · Willich feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. An die lange Geschichte der Stadtteile erinnern viele Kunstwerke.

 Die Skulptur des Heiligen Heribert erinnert seit dem Jahr 2010 vor der Kirche St. Johannes an die Gründung der Pfarre Anrath. Sie wurde zum 1000-jährigen Bestehen der Pfarre in Auftrag gegeben.

Die Skulptur des Heiligen Heribert erinnert seit dem Jahr 2010 vor der Kirche St. Johannes an die Gründung der Pfarre Anrath. Sie wurde zum 1000-jährigen Bestehen der Pfarre in Auftrag gegeben.

Foto: Marc Schütz

Die Geschichte und die Geschichten, auf die sie Bezug nehmen, sind teilweise schon Jahrhunderte alt, sie selbst gibt es zum größten Teil aber erst seit höchstens 32 Jahren: 34 Skulpturen gibt es im Willicher Stadtgebiet – die meisten, nämlich gleich 20 Stück, im Neersener Schlosspark. Ein Name, der dabei immer wieder fällt: Hans Kothen. Der CDU-Ratsherr hatte im Mai 1988 vorgeschlagen, in allen vier Willicher Stadtteilen Kunstobjekte aufzustellen. Die Politiker des Haupt- und Finanzausschusses stimmten dem zu und übertrugen die Auswahl der Objekte und der Standorte dem Kulturausschuss. Anlässlich des 50. Jubiläums der „Gesamtstadt“ Willich soll es hier nur um diejenigen Skulpturen gehen, die einen ortsgeschichtlichen Bezug haben.

„Auf die einzige Legende in der Stadt Willich verweist die Skulptur der „Sekes-Männekes“, also der ,schlechten Zwerge’, vor der Willicher Pfarrkirche St. Katharina“, sagt Willichs Stadtarchivar Udo Holzenthal. Auf der Hardt sollen einst kleine Erdmännchen – die Sekes-Männekes – ihr Unwesen getrieben haben. Nachts schliefen sie in Erdlöchern, tagsüber trieben sie den Menschen böse Streiche. Eines Tages brachten die Kobolde den Bauern vom Teufelshof um, weil der nach ihnen gegraben hatte. In ihrer Todesangst bedachte die Witwe des Bauern die Kirche mit großzügigen Geschenken, wodurch sich der Zorn der Sekes-Männekes nun gegen die Kirche richtete: Mit einem Seil zogen sie am Kirchturm, bis dieser schief stand. Die Willicher baten daraufhin ihren Schutzpatron Sankt Pankratius um Hilfe. Dieser erschien dem Pfarrer und trug ihm auf, am „Kruse Boom“ (dort erinnert noch heute ein Holzkreuz an die Legende) eine Grube zu schaufeln, in die die Sekes-Männekes verbannt wurden. Seither wurden sie nie wieder gesehen – außer in besagter Skulptur, die der Düsseldorfer Künstler Victor Popov im Jahr 2008 schuf und die auf einen 1,20 Meter hohen Sockel gestellt wurde.

Nicht ins Reich der Sagen gehört hingegen die Tatsache, dass Willich auf eine lange Brautradition zurückblickt. Und genau daran erinnert „Der Bierbrauer“ von Michael Franke seit 1990 vor der heutigen Brauerei-Passage. Bereits 1725 wurde in Willich die Brauerei Hausmann erwähnt, die sich 1917 mit den Brauereien Schmitz und Dicker zur Vereinigten Willicher Brauereien GmbH zusammenschloss. Diese übernahm 1920 die Korschenbroicher Hannen-Brauerei, deren Namen sie dann auch übernahm. Anfang der 60er-Jahre wurden die mitten in Korschenbroich und in Willich gelegenen Grundstücke allerdings zu klein, weshalb sich die Unternehmensführung 1964 entschied, die Braustätten nach Mönchengladbach-Neuwerk zu verlegen. Doch der Bierbrauer prostet den Willichern noch immer freundlich zu.

An den Beruf des Laternenanzünders, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch in Willich Abend für Abend die Gaslaternen in der Stadt anzündete, erinnert „Lateerepit“ an der Ecke Bahnstraße/Burgstraße. Die von Jerzy und Irene Piechnik geschaffene Skulptur war im Jahr 2000 ein Geschenk der Stadtwerke Willich zu deren 100. Jubiläum. Laternenanzünder gab es aber natürlich nicht nur in Willich.

Bleiben wir bei den Berufen und wechseln nach Anrath: Dort, vor der Sparkasse auf der Jakob-Krebs-Straße, erinnert der „Weberbrunnen“ seit 1994 an die Webertradition Anraths. „Die Weberei war früher der vorherrschende Wirtschaftszweig in Anrath“, sagt Stadtarchivar Udo Holzenthal. Anrath sei damals auch „Dorf ohne Land“ genannt worden, und so verdienten viele Anrather ihren Lebensunterhalt als Hausweber. Ende des 19. Jahrhunderts erhielten die Hauswebereien ernsthafte Konkurrenz durch die mechanischen Webstühle in großen Fabriken. „Bei Hermann Lange und Jakob Krebs haben die Menschen aber wieder Arbeit gefunden“, sagt Holzenthal. Der Weberbrunnen der Künstlerin Loni Kreuder ist eine Schenkung der Sparkassenstiftung an den Bürgerverein Anrath. Die Anregung dazu hatte Ratsherr Werner Oerschkes gegeben.

Für Anrath ebenfalls bedeutend ist die Pfarre. An deren Gründung vor 1000 Jahren erinnert seit dem Jahr 2010 die Skulptur des „Heiligen Heriberts“, dem Begründer der Pfarre Anrath. Im Vorfeld zu den Planungen für das Jubiläumsjahr 2010 kam beim Bürgerverein Anrath der Wunsch auf, etwas Bleibendes als Erinnerung an die Entstehung der Gemeinde zu schaffen. 80 Prozent der Kosten übernahm die Sparkassenstiftung, den Rest der Anrather Bürgerverein. Der Brüggener Künstler Uwe Meints wurde mit der Gestaltung einer Skulptur beauftragt. Die Wahl fiel auf ein aus drei Sandsteinblöcken bestehendes Triptychon, das die drei Facetten des Heiligen Heriberts zeigt: die weltliche, die persönliche und die private. Auf der Rückseite sind Informationen über den Heiligen Heribert zu lesen.

Mit Abstand die älteste Skulptur – und die einzige aus der Vorkriegszeit – ist der Gänsejungenbrunnen an der Hochstraße gegenüber dem alten Rathaus in Schiefbahn. 1938 beauftragte Bürgermeister Gustav Geldbach den jungen niederrheinischen Bildhauer Franz Grüters, ein Denkmal zu schaffen, das an die alte Schiefbahner Tradition der Gänsezucht erinnert. Die Skulptur wurde aus mehreren Gussteilen zusammengesetzt, was jedoch kaum auffällt. 1956 wurde das Denkmal beschädigt, als ein junger Mann aus Krefeld die Figur erklomm, um sich mit ihr fotografieren zu lassen und diese dabei aus dem Sockel riss.

Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war in den Willicher Stadtteilen lange recht „schmucklos“, denn bis 1988 „Die Ungeduld“ von Loni Kreuder auf dem Willicher Marktplatz aufgestellt wurde, gab es im öffentlichen Raum sonst keine Skulpturen – anders als in Städten, in denen das Bildungsbürgertum Figuren finanziert hat, die an Politiker, Künstler, Schriftsteller und Musiker erinnern.

In Neersen nimmt die Skulptur „Gaukler und Muse“ von Michael Franke seit dem Jahr 1992 Bezug auf die Schlossfestspiele, bei denen sich am 13. Juli 1984 zum ersten Mal der Vorhang öffnete und die Neersen weit über die Ortsgrenzen hinaus bekannt machten. Die Skulptur wurde von der Willicher Kulturstiftung der Sparkasse Krefeld gestiftet. msc

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