Anrath Die Alpakas vom Niederrhein

In Anrath betreibt Almuth Becker eine Alpaka-Zucht. Die eigentlich in Südamerika beheimateten Tier fühlen sich hier sehr wohl.

Anrath: Die Alpakas vom Niederrhein
Foto: Wolfgang Kaiser

Anrath. Kaum hat Almuth Becker die erste Schaufel mit Futter in die Krippen des Offenstalls geschüttet, gibt es auch schon eine Reaktion: Neun Alpakas schieben sich neugierig heran, denn das Geräusch kennen sie genau. Große, sanft blickende Augen beobachten Becker, und es gibt auch liebevolle Stupser von dunklen Nasen. „Das Stupsen ist ein Zeichen der Zuneigung. Alpakas haben ein sehr liebevolles Wesen“, sagt Becker, die auch von der gegenüberliegenden Stallseite aufmerksam gemustert wird. Dort drücken nämlich drei Alpaka-Hengste ihre Nasen an die Holzabsperrung.

Natürlich gibt es auch eine Futterration für die Herren, die getrennt von den Stuten gehalten werden. „Alpakas sind genügsam. Sie grasen, bekommen Heu und etwas Mineralfutter. Das brauchen sie, denn in den Anden ist das Gras nahrhafter. Es sind mehr Spurenelemente darin“, informiert die Anratherin, die sich mit Alpakas bestens auskennt. „Alpakas am Flöthbach“ heißt es nämlich bei ihr an der Süchtelner Straße 73. Seit 2015 betreibt Becker eine Zucht.

Dass die sanften Tiere aus den Anden einmal ihr Leben bestimmen würden, das hätte sich Becker vor einigen Jahren nicht träumen lassen. Nach 28 Jahren beim Bodenpersonal einer Fluglinie war bei ihr der Wunsch entstanden, etwas zu machen, das mit der Natur zu tun hat. „Wir hatten hinter unserem Haus weiteres Land erworben und dachten an eine Tierhaltung“, erinnert sie sich. Der Gedanke, Alpakas zu halten, kam auf. Mit ihrem Lebensgefährten besuchte sie in Windeck eine Alpaka-Farm — und damit war es um Becker geschehen. Es war Liebe auf den ersten Blick.

Almuth Becker

Sie besuchte sämtliche Seminare, die in Windeck rund um die Tiere angeboten wurden, las entsprechende Literatur und vergrößerte ihr Fachwissen mehr und mehr. „Die Tiere machen einen süchtig“, sagt Becker lachend. Am 3. September 2015 ging der Traum von eigenen Alpakas in Erfüllung. Alles, angefangen bei den Offenställen über die Einzäunung der Wiesen bis hin zum Futter, war vorbereitet, und von Windeck zogen drei Stuten und zwei Hengstfohlen ein.

Seitdem hat sich das Leben von Becker völlig verändert. Die Alpakas sind in den Lebensmittelpunkt gerückt. „Es ist noch schöner, als ich es mir vorgestellt habe. Die Alpakas tun mir einfach gut. Sie mögen keine Unruhe, und ich, die eigentlich immer hibbelig war, habe gelernt, ruhig und entspannt zu sein“, berichtet Becker von ihren Erfahrungen. Die spannendsten Momente erlebte die Anratherin vor zehn Monaten bei den Geburten der ersten beiden Fohlen. Sie verbrachte mehrere Nächte im Stall, um den entscheidenden Moment nicht zu verpassen — was sich auch als lebensrettend herausstellte. Bei einer der Stuten lag der Kopf des Fohlens verkehrt, und der herbeigerufene Tierarzt musste eingreifen. Weil das Fohlen Fruchtwasser geschluckt hatte, folgte eine Lungenentzündung. „Es waren vier Tage, wo wir um das Leben des kleinen Tieres gebangt haben und teilweise dachten, es stirbt. Aber dann ging es bergauf“, berichtet Becker, der noch heute beim Erzählen die Erleichterung über den guten Ausgang anzumerken ist.

Die Diskussionen über die Namensgebung des Nachwuchses fanden indes beim familiären Abendessen statt. Im Stall schlafen muss Becker aber nicht mehr, wenn der nächste Nachwuchs kommt: Mittlerweile gibt es eine Videoüberwachung von Stall und Außengelände. Inzwischen ist die Herde auf neun Stuten und drei Hengste angewachsen, wobei sich das Alter zwischen zehn Monaten und 13 Jahren bewegt. Alle Tiere sind im Zuchtregister eingetragen, gechippt, DNA-mäßig registriert und tragen das AAF im Namen, was für „Alpakas am Flöthbach“ steht.

Die erste Schur gab es im vergangenen Jahr ebenfalls schon. „Geschoren wird einmal im Jahr, und zwar von April bis Mai. Pro Tier gibt es drei bis fünf Kilogramm Wolle“, sagt Becker. Sie lässt ihre Wolle zu Bettdecken weiterverarbeiten, die im Anschluss im kleinen Hofladen verkauft werden. Dort findet der Besucher jede Menge weitere Produkte rund um die Alpakas — von der Seife über den Pullover bis hin zu Socken. Wobei die zugekauften Produkte aus einem Familienbetrieb in Peru stammen. Neben der in Kürze anstehenden Schur ist der Geburtskorb mit Desinfektionsmittel, Handtüchern, Handschuhen und Hundemantel auch schon wieder gepackt, denn die Anrather Familie erwartet in diesem Jahr weiteren Nachwuchs. Wobei der kleine gefütterte Hundemantel zum Einsatz kommt, um den Nachwuchs zu wärmen, sollte es zu kalt sein.

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