Der mobile Uhrendoktor von Willich

Seit 14 Jahren repariert Bernhard Faas Uhren auf den Wochenmärkten in Willich. Für seine Kunden ist er oft die letzte Hoffnung.

Der mobile Uhrendoktor von Willich
Foto: Schöfer

Schiefbahn. Schon einmal was von einem „Doktor horol“ gehört? Da hilft es auch nicht viel weiter, wenn man die Abkürzung ausschreibt. Horologium, was aus dem Lateinischen übersetzt die Uhr bedeutet. Es gibt tatsächlich einen „Uhrendoktor“, der die kleineren und größeren Instandsetzungen an den Zeitmessern zu seinem Beruf gemacht hat. Die Rede ist vom Schiefbahner Bernhard Faas. „Das waren noch Zeiten, als die Zeit noch mein Freund war“, sagt er und lächelt dabei. Bernard Faas meint damit, dass er mit seinen 64 Jahren auch schon etwas in die Jahre gekommen sei. Es ist Donnerstag. Der Freiberufler steht dann immer mit seinem mobilen OP, einem blau-grau metallic farbenen Peugeot Boxer, auf dem Wochenmarkt in Alt-Willich inmitten von Scherenschleifern, Oliven-, Käse- oder Obstverkäufern.

Und über zu wenig Kunden kann er sich nicht beklagen. „Seit Jahren werde ich hier bestens bedient“, sagt Erika Giesen, die diesmal für ihre Armbanduhr nur eine neue Batterie braucht. Dies wird für 3,50 Euro schnell erledigt. Der nächste Kunde benötigt ein neues Glas. „Es ist schon erstaunlich, dass er als Franzose so sauber arbeitet“, sagte schmunzelnd Carl-Heinz Rauhaus. Denn Faas ist in Lothringen geboren, in dem gleichen Ort (Stiring-Wedel), aus der auch seine Ehefrau, Chantale Rauhaus, herkommt. „Und außerdem die bekannte französische Sängerin Patricia Kaas“, ergänzt der Uhrendoktor, der für viele die letzte Hoffnung ist. „Er hat es jedenfalls wieder hinbekommen, dass meine weißgoldene Armbanduhr wieder läuft. Andere Händler, die ich vorher aufgesucht habe, hatten dies nicht geschafft“, meint eine etwa 55-jährige Dame.

Um die größeren Aufträge kümmert sich Bernhard Faas in seinen freien Tagen zu Hause in seiner Werkstatt. Mittwochs findet man ihn auf dem Schiefbahner Wochenmarkt, donnerstags in Willich, freitags in Neersen und samstags draußen an der Gladbacher Trabrennbahn, jeweils ab 7.30 beziehungsweise 8 Uhr — bis zur Mittagszeit.

„Eigentlich rennt mir die Zeit davon, ich bräuchte mehr davon“, sagt Faas. Der gelernte Industriekaufmann begann vor etwa 14 Jahren damit, die Zeitmesser wieder stimmig zu machen. Vorher hatte er einen Weinhandel, der mit der Zeit nicht mehr rentabel war. Davor arbeitete er viele Jahre im industriellen Einkauf. 2003 lernte er einen Uhrmachermeister und Restaurator kennen, der ihn mit den Arbeiten vertraut und er sich selbst im Laufe der Zeit immer fachkundiger machte. Wobei ihm sein handwerkliches Geschick in Haus, Garten und Freizeit von Nutzen war. „Schön wäre es schon, wenn die Kunden ein bisschen mehr Zeit mitbringen würden“, spricht Bernard Faas die Ungeduld so mancher Uhrenliebhaber an. Mittlerweile kennt er allerdings seine „Pappenheimer“ — und sie ihn: Sein Kundenstamm steigt immer noch an. Mittendrin geht auf dem Willicher Wochenmarkt sein Handy. „Ich habe gerade eine neue Uhr bekommen und komme mit dem Chronographen überhaupt nicht klar“, sagt am anderen Ende der Leitung ein Willicher. Auch dies wird etwa eine Stunde später an Ort und Stelle erledigt.

Solange es geht, macht er mit seiner mobilen Werkstatt und dem kleinen Uhrengeschäft weiter. Nicht so gut findet er die derzeitigen Überlegungen, auf dem Marktplatz in Willich auch an den Samstagen einen Markt anzubieten. „Das macht wenig Sinn, die Händler haben jetzt schon ein volles Programm und wollen darüber hinaus keine zusätzliche Konkurrenz“, ist Faas etwas verärgert darüber, dass im Vorfeld die derzeitigen Markthändler nicht um ihre Meinung befragt worden seien.

Seit langem ist Bernard Faas 2. Vorsitzender des Schiefbahner Fußballclubs SC 08. Auch dem Verein kommen seit langem seine Frankreich-Kenntnisse zugute. Da der 64-Jährige perfekt Französisch spricht, ist er bei den Begegnungen mit dem französischen Club aus Linselles ein wertvoller Wegbegleiter des deutsch-französischen Austausches.

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