Matinée im Schloss Neersen Besuch aus Hamburg auf Schloss Neersen

Neersen. · „Der König tanzt – Musik am Hof von Versailles“: Zwei Musikerinnen der Hamburger Ratsmusik brachten barocke Tanzmusik ins Schloss Neersen.

 Simone Eckert (links) und Anke Dennert luden zu einer musikalischen Reise ins Frankreich des Barock.

Simone Eckert (links) und Anke Dennert luden zu einer musikalischen Reise ins Frankreich des Barock.

Foto: Norbert Prümen

„Am Hofe Ludwig XIV. wurde rund um die Uhr musiziert“, erklärte Simone Eckert in ihrer Begrüßung zur Matinée am Sonntag. Ebenso erfuhr das Publikum in „Kammerbesetzung“ von gut 20 Personen in der Motte, dass Ludwig XIV. ein leidenschaftlicher Tänzer war, und eine seiner Rollen in einem Ballett – Seine Majestät tanzte als Gott Apollon die aufgehende Sonne – brachte ihm 1653 den Beinamen „Sonnenkönig“ ein.

In einer vergleichbaren, jedoch bürgerlichen musikalischen Tradition stehen die beiden Musikerinnen Simone Eckert (Pardessus de Viole und Bass-Viola da gamba) und Anke Dennert (Cembalo) als Vertreterinnen des Ensembles der Hamburger Ratsmusik. Im 16. Jahrhundert gönnte sich die Stadt Hamburg ihr eigenes „Top-Orchester“, die besagte Hamburger Ratsmusik. 1991 sorgte die Gambistin Eckert für eine Renaissance dieses historischen Ensembles.

Als Duo bieten die beiden Musikerinnen mit ihrem Programm „Der König tanzt – Musik am Hof von Versailles“ eine musikalische Reise ins Frankreich des Barock. Marin Marais (1656–1728), Hofgambist des Sonnenkönigs, komponierte das „Ballet en Rondeau“, mit dem die Musikerinnen das Publikum an den französischen Hof entführten.

Der tänzerische Charakter war trotz der ungewohnten Instrumente unverkennbar. Man konnte sich ein vornehmes Schreiten, dann das Tippen mit der Zehenspitze gut vorstellen. Es folgten deutliche Zäsuren in der Musik – die Paare hätten hier wohl die Richtung gewechselt oder andere Figuren getanzt. Mit einem meist würdevollen Schreiten, wie es die damalige Kleidermode und die hohen Perücken nur erlaubten, bewegte sich die feine Gesellschaft im Glanz des Spiegelsaales. Wenn man die Augen schloss, ließ sich ein solches Kopfkino auch in der nüchternen Motte aufrufen.

Von Jean Barrière (1707–1747) spielten die Musikerinnen die Sonata II, wobei erstmals die Pardessus de Viole, eine Miniaturausgabe einer Kniegeige, erklang. Später erfuhr das Publikum, dass es sich dabei sogar um ein historisches Instrument aus dem Jahr 1748 handelt.

Auch wenn eine Sonate nicht als Folge von Tänzen gilt wie die französische Suite, so gab das Duo ihr doch eine dementsprechende Interpretation. Schön wurden die unterschiedlichen Charaktere der Sätze herausgearbeitet, die wie Tänze anmuteten.

Kreativität bewiesen die Komponisten jener Zeit bei der Bezeichnung von Sätzen. Da soll ein Satz Assoziationen an Mohn, an Chinesisches oder den Klang einer Mandoline hervorrufen. Das lässt sich bei den Möglichkeiten von Gambe, Cembalo und Pardessus de Viole für heutige Ohren kaum nachvollziehen, aber das ist völlig unwichtig. Die Vorstellungen vom tanzenden Hof in Versailles und dem Sonnenkönig mittendrin sind schöne Bilder, die die ausgewählte Musik hervorrufen kann.

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