Reisebüros Corona cancelt die Urlaubspläne

Anrath · Kreuzfahrt Anfang Mai? Storniert. Pauschalreise nach Ägypten? Storniert. Sehnsuchtsziel Bahamas? Storniert. Corona cancelt den Urlaub.

 Martina Westermann vor ihrem Reisebüro Lade an der Jakob-Krebs-Straße in Anrath. Zurzeit sind sie und ihre Mitarbeiter damit beschäftigt, gebuchte Pauschalreisen, die nicht angetreten werden können, für ihre Kunden rückabzuwickeln – viel Arbeit, kein Umsatz.

Martina Westermann vor ihrem Reisebüro Lade an der Jakob-Krebs-Straße in Anrath. Zurzeit sind sie und ihre Mitarbeiter damit beschäftigt, gebuchte Pauschalreisen, die nicht angetreten werden können, für ihre Kunden rückabzuwickeln – viel Arbeit, kein Umsatz.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Das Anrather Reisebüro Lade hat Kurzarbeit angemeldet. Dabei fällt Arbeit zuhauf an. „Seit der weltweiten Reisewarnung des Auswärtigen Amts und der Schließung des Reisebüros Mitte März haben Reisen nicht mehr stattgefunden. Wir sind nun dabei, die Kaufverträge der Pauschalreisen rückabzuwickeln.“

Reisebüro-Chefin Martina Westermann ist seit 20 Jahren im Geschäft. Sie kennt die Branche, Tourismus-Veranstalter, Reise-Ziele, die Ansprüche und Vorlieben ihrer Kundschaft in Anrath und Umgebung.

So eine Stilllegung der Branche hat sie noch nicht erlebt. Krasse Krise. Der Tourismus ist am Boden – wie die Urlaubsmaschinen am Düsseldorfer Flughafen. Und noch keine Starterlaubnis in Sicht.

Seit März besteht die Zwangspause. Und nach neuesten Aussagen dauern die Reisebeschränkungen erst einmal bis zum 14. Juni. „Das Datum hat mich geschockt“, sagt Westermann. Die Hoffnung, dass es Ende Mai wieder mit ersten Buchungen für die Kanaren oder Ferientagen in Griechenland losgehen könnte, hatte sie gehabt. Die Zuversicht ist verflogen.

Jeden Tag neue Stornos. Und die Arbeit geht weiter, ohne dass an ihr ein Cent verdient wird. Jede Reise, die aufgrund der Bestimmungen im Corona-Shutdown nicht angetreten werden konnte und kann, muss storniert werden. Damit der Kunde sein Geld zurück- und keine Kosten aufgebürdet bekommt, für die es keine rechtlichen Grundlagen gibt. „Da gibt es aber leider keine klaren Arbeitsabläufe“, sagt Westermann. Kein Vorgehen nach Schema F. Jeder Veranstalter habe andere Regelungen. „Das ist unangenehm und mühselig.“ Die Anratherin liest sich durchs Kleingedruckte, damit ihr nichts entgeht. Es ist ihr Rundum-Service für die Kundschaft, die sich trotzdem besorgt telefonisch meldet, um nach noch ausstehenden Zahlungen oder künftigen Flügen zu erkundigen.

Es braucht Geduld. Auf beiden Seiten. Denn erst wenn eine Reise nicht ausführbar ist, besteht die rechtliche Absicherung zum Rücktritt. Dann kann im Reisebüro gehandelt werden.

„Gutscheine wollen die meisten Kunden nicht“, sagt Westermann. Veranstalter winken dafür sogar mit Provisionen. Doch Kunden gingen lieber auf Nummer sicher. Einige sagen bereits, „2020 gibt das nichts mehr“ und verschieben Flüge und Ferien auf 2021. „So viele Hochzeiten, Feste und Ferien, die verschoben werden, schafft das Jahr 2021 gar nicht“, sagt Westermann lachend, obwohl ihr dazu eigentlich gar nicht zumute ist.

Obwohl die Monate März und April noch nicht zu den Vielflieger- und stark gebuchten Verreise-Zeiten gehören, sind die Umsatzrückgänge empfindlich – „im sechsstelligen Bereich. Der Provisionsverdienst liegt im fünfstelligen Bereich“.

Gleichzeitig senken sich die Fixkosten für die Mitarbeiter, vier Teilzeitkräfte und zwei Auszubildende, an den beiden Standorten Anrath und Kerken nicht auf Null. „Aber wir halten zusammen und uns bei Laune.“ Alles werde zurzeit von Anrath aus abgewickelt. Westermann: „Ich war davon ausgegangen, es würde reichen, wenn einer hier die Stellung hält.“ Klappt aber nicht. Zu viel zu tun.

Erst wenn wieder gereist wird, gibt es wieder Geld. Das ist in der Reisebürobranche so: Erst, wenn die Urlaubstage tatsächlich angetreten werden (können), fließt die Provision. Westermann: „Eine Kreuzfahrt, die ich jetzt fürs Frühjahr 2022 verkaufe, bekomme ich auch erst dann entlohnt.“

Weitgereist ist Martina Westermann. Nächste Woche standen die Dolomiten in ihrem Urlaubskalender. Gecancelt. Zurzeit plant sie privat höchstens Tagestouren.

Vielleicht habe die Krise auch etwas Gutes, sagt Martina Westermann. Denn die Kundschaft erfahre auch, wie verlässlich die Buchung über das Büro ist. „Sie schätzen, dass sie durch die Pauschalbuchungen rechtlich abgesichert sind.“ Vielleicht gingen Reisebüros auf längere Sicht betrachtet doch auch als Gewinner aus der Krise hervor. „Wie gut kümmert sich das Internet um seine Kunden?“

Andere Fragen stellt sich Westermann aber auch. Wie lange der Reisestopp wohl noch dauert? „Und sind, sobald die Beschränkungen aufgehoben werden, die Menschen wild aufs Reisen?“ Wie werden sich die Preise entwickeln? „Sie werden sich ändern. Schon allein Flüge werden teurer werden.“

Bleibt die Hoffnung auf viele Abreisen und Departs nach der gesetzten Zwangspause bis „14.6.“. Westermann: „Dass die Leute ab Mitte Juni Lust haben, wieder zu verreisen.“

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