Schiefbahn Ein Lese-Abend im Wartezimmer

Schiefbahn. · „Warum wir laufen“ – aus diesem Buch las Autor Ronald Reng am Mittwochabend in der orthopädischen Praxis von Dr. Guido Mayer in Schiefbahn.

 Ronald Reng las am Mittwoch in Schiefbahn. Im Hintergrund ist Jörg Neblung zu sehen. Er ist in der Fußballbranche als Berater tätig und mit dem Ehepaar Mayer befreundet. So kam es zur Lesung in der Praxis.

Ronald Reng las am Mittwoch in Schiefbahn. Im Hintergrund ist Jörg Neblung zu sehen. Er ist in der Fußballbranche als Berater tätig und mit dem Ehepaar Mayer befreundet. So kam es zur Lesung in der Praxis.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Das Wartezimmer eines Facharztes ist in der Regel gut gefüllt. So voll wie am Mittwochabend dürfte der Wartebereich der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis in Schiefbahn aber noch nie gewesen sein. Die weit über 50 Menschen wollten aber nicht zu Dr. Guido Mayer. Vielmehr waren sie wegen der „Sprechstunde“ von Ronald Reng nach Schiefbahn gekommen. Der bekannte Sportjournalist und Autor las aus seinem jüngsten Werk „Warum wir laufen“. Ein Buch, mit dem Reng sich selbst und vielleicht auch viele andere zum Laufsport gebracht hat.

„Dankbares Opfer“ im blauen Business-Hemd hatte viel Spaß

Genau das hatte auch Mayer im Sinn, als er über seinen Freund Jörg Neblung, Spielerberater und ein Freund des Fußballexperten Reng, die Lesung organisiert hat. „Ich denke, dass viele von Ihnen ohnehin laufen“, sagte der Arzt zu den Gästen. „Wer das noch nicht tut, fühlt sich vielleicht vom heutigen Abend inspiriert.“ Ob nun zufällig oder absichtlich blickte Mayer bei diesem Satz auf einen jungen Mann im Publikum: Ende 20, blaues Business-Hemd, eher Fußballer- als Läuferstatur. Und ob der junge Mann nun wollte oder nicht – in ihm hatte Reng sein „Opfer“ für den Abend gefunden. Sobald es um die Motivation zum Laufen, Trainingspläne oder ähnliches ging, band der Autor ihn mit ein. Da hatten beide die Lacher auf ihrer Seite.

Ronald Reng, der sich durch mehrere Fußballbücher – unter anderem mit der Biografie über Robert Enke – einen Namen gemacht hat, beschreibt im Lauf-Buch seinen Weg zurück auf die Langstrecke. Nachdem er in der Jugend ein ambitionierter und bis etwa 35 ein guter Freizeitläufer war, ließ er das Hobby viele Jahre ruhen. Entsprechend amüsant ist das Kapitel über den ersten Lauf nach der langen Pause, aus dem er auch in Schiefbahn vorlas.

Das Buch hat auch
einen lokalen Aspekt

In seinem Wohnort Bozen in Südtirol wartete Reng bei seinem Lauf-Comeback extra bis es dunkel wurde. Spaziergänger und andere Läufer sollten diesen Anblick nicht bekommen, höchstens ein paar Drogendealer, wie es Reng in seinem Buch beschreibt. Mit diesen machte er dann zwar keine Erfahrungen, dafür aber mit den körperlichen Tücken, die nach so einer langen Sportpause auftreten. Letztlich muss er sich nach einem 13-Minuten-Lauf mit hohem Puls, roten Wangen und schmerzenden Knien für 20 Minuten ins Badezimmer zurückziehen. Dafür gab es in Schiefbahn Applaus. „Der ist hart verdient“, sagte Reng schmunzelnd. Die Mühe war und ist indes von Erfolg gekrönt: Der Autor läuft nach eigenen Angaben heute drei bis vier Mal die Woche: „Langsames Tempo, um abzuschalten, um Ideen für meine Bücher zu entwickeln.“

Einen aus niederrheinischer Sicht lokalen Aspekt hat das Buch auch. Ausführlich beschreibt Reng das Wirken des Landarztes Ernst van Aaken aus Waldniel. Dieser hat nach dem Zweiten Weltkrieg in der Trainingslehre für den Ausdauerlauf gekämpft. Nach eigenen Angaben hat van Aaken gar das Phänomen „Jogging“ erfunden – das seien gar nicht die Amerikaner gewesen. Zudem hat van Aaken sich dafür eingesetzt, dass Frauen auch dem Laufsport frönen dürfen. Viel zu verdanken hat ihm deshalb die mehrfache Deutsche Meisterin Maria Strickling, geborene Inderfuhrt, aus Waldniel. Für sein Buch hat Reng die inzwischen 76-Jährige am Niederrhein besucht. Daraus wurde das Kapitel „Die Frau und der Landarzt“. „Mein Ausflug in die Welt des Groschenromans“, wie es Reng in Schiefbahn ironisch kommentierte.

Es war ein informativer und unterhaltsamer Abend, den der Autor den Besuchern im Schiefbahn bescherte. Der herausragende Erzähl-Stil, für den der Journalist bekannt ist, war auch beim Zuhören ein Genuss. So abwechslungsreich dürfte es ansonsten nicht zugehen im Wartezimmer von Dr. Mayer. Obendrein erfüllte der Abend einen guten Zweck. Der Erlös geht an den Verein Matchbox, der sich für Kindergarten-Projekte in Südafrika einsetzt.

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