Im Auto der Helferin Blitzgeburt auf Krefelder Edeka-Parkplatz - St. Töniserin hilft Schwangeren

St. Tönis/Krefeld · Eigentlich wollte Anja Sauerland wie jeden Morgen zur Arbeit fahren. Dann begegnete ihr die hochschwangere Ruth Idemudia. Die Fahrt von St. Tönis zum Helios-Klinikum endete auf einem Supermarkt-Parkplatz.

 Glücklich hält Ruth Idemudia ihr Baby Praise im Arm. Es ist ihr zweiter Sohn. Außerdem hat sie drei Töchter.

Glücklich hält Ruth Idemudia ihr Baby Praise im Arm. Es ist ihr zweiter Sohn. Außerdem hat sie drei Töchter.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Diesen Mittwochmorgen wird Anja Sauerland so schnell sicher nicht vergessen. Eigentlich wollte die St. Töniserin zur Arbeit fahren – wie jeden Morgen. Doch an der Straße in der Nähe des Alexianer-Seniorenheims waren eine hochschwangere Frau und ein Mann unterwegs und baten in englischer Sprache um Hilfe. Ruth Idemudia aus Nigeria, die in der benachbarten Flüchtlingsunterkunft lebt, machte deutlich, dass sie ins Krankenhaus müsse.

Kurzerhand setzte Anja Sauerland die 29-Jährige auf den Beifahrersitz und fuhr los – im festen Glauben, es ginge nur die paar Meter bis zum St. Töniser Krankenhaus. Doch die Schwangere schüttelte den Kopf: Ihr Ziel war das Helios-Klinikum.

Plötzlich sagte die Frau: „It’s coming“

Okay, kein Problem. Anja Sauerland sagte nur kurz auf der Arbeit Bescheid, dass es etwas später werden würde, und steuerte Krefeld an. Ganz offensichtlich stand die Geburt kurz bevor – letztlich kürzer, als es sich die 40-jährige Helferin vorgestellt hatte. „It’s coming“, sagte die Frau neben ihr. Es war ein bisschen wie im Film.

Schon wenige Minuten nach Beginn der Fahrt endete diese auf dem Parkplatz vom EKZ, dem Einkaufszentrum nahe der Sankt-Anton-Straße. Es war klar, dass die beiden Frauen das Helios nicht mehr rechtzeitig erreichen würden. „Als ich angehalten habe, um den Notruf zu wählen, da konnte man plötzlich schon das Köpfchen sehen“, berichtet die St. Töniserin. Alles ging so schnell. Zum Glück habe sie gar nicht viel tun müssen. Die Gebärende, bereits vierfache Mutter, wie sich später herausstellte, sei nicht in Panik geraten. „Deswegen blieb auch ich ganz ruhig.“ Sie selbst habe keine Kinder, kannte so etwas „bislang nur aus dem Fernsehen“.

Dann war der kleine Junge da, der sich auch gleich schreiend bemerkbar machte. Anja Sauerland wickelte ihn in eine Stoffhose, die sie noch im Auto liegen hatte, um ihn vor der Kälte zu schützen. Die Rettungssanitäter kamen, kümmerten sich um Mutter und Kind und brachten sie ins Krankenhaus.

Dort, im Helios, übernahm Bettina Glasmacher die Erstversorgung im Kreißsaal. Die leitende Hebamme, die nicht zum ersten Mal mit einer raschen Geburt außerhalb der Klinik zu tun hatte, erfasste schnell, dass es dem Kind gut ging. „Das Baby war vital und rosig und fühlte sich auf dem Arm des Sanitäters sichtlich wohl“, erzählt die Willicherin. Also konnte sich das Team erst einmal um die Mama kümmern.

Praise wiegt 3850 Gramm und
ist 53 Zentimeter groß

Auch Ruth Idemudia ist wohlauf, war bereits mit Praise, so der Name des Kindes, im Wägelchen auf der Station unterwegs. Der Junge bringt laut Bettina Glasmacher das stolze Gewicht von 3850 Gramm auf die Waage, hat einen „Hutumfang“ von 33,5 Zentimetern und eine Körperlänge von 53 Zentimetern. Schon am Freitag könne sie mit ihrem Baby das Krankenhaus verlassen, sagt Ruth Idemudia im Gespräch mit der WZ.

Und Anja Sauerland? Für sie war es eine Selbstverständlichkeit, in diesem besonderen Moment zu helfen. Als die Anspannung in der akuten Situation von ihr abgefallen war, war die couragierte Helferin einfach nur unheimlich erleichtert und froh. Dass ihr Beifahrersitz nach der Geburt professionell gereinigt werden musste – geschenkt! Hauptsache, Mutter und Kind geht es gut.

Davon überzeugte sie sich persönlich bei einem Besuch im Krankenhaus. „Der Kleene ist total süß“, so Anja Sauerland. „Ich hatte ihn auf dem Arm und musste direkt heulen.“

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