Anrather: Beitrag für Straßenbau muss bezahlbar sein

Anwohner sehen deutlich höhere Kosten für Straßenausbau und Kanalsanierung auf sich zukommen, als gedacht.

Anrath. In Willich formiert sich neuer Protest unzufriedener Bürger. Eine Initiative mit Kern in Anrath setzt sich „für gerechte Gebühren und Abgaben in der Stadt“ ein. Anrather Geschäftsleute wie Friedhelm Commans, Heinrich Stevens und Ralf M. Klinken, insgesamt 25 Anwohner von Viersener Straße, Josefsplatz, Kirchplatz und Schottelstraße, sind davon überzeugt, dass in der laufenden Ortskernsanierung Anraths für die Bürger „existenzgefährdendes Potenzial in den Straßenbaubeiträgen und Kanalarbeiten schlummert“. Sogar die Formulierung „drohender Ruin“ macht unter Anwohnern die Runde.

Dipl.-Ingenieur Ralf M. Klinken, Sprecher der Interessengemeinschaft Ortskernsanierung (IGO), weiß, dass nicht nur in Anrath der Ärger über hohe Anwohnerkosten brodelt: „Am Minoritenplatz in Neersen gibt’s ebenfalls Probleme.“ Deshalb soll das Ziel der Anrather IGO, „gerechte und bezahlbare Beiträge für Anwohner“ zu erreichen, nun auf das gesamte Stadtgebiet ausgedehnt werden. Klinken: „Wir wundern uns, dass sich nicht schon früher Leute beschwert haben.“

1,2 Millionen Euro sollen die Gesamtkosten Straßenbau in Anrath vom Martinsplatz bis zum geplanten kleinen Kreisverkehr an Kirchplatz/Schottelstraße nach heutigem Stand betragen. 476 300 Euro davon werden auf die Anwohner umgelegt. Diese Summe ist unstrittig, die Rechnung zur Umlage nicht.

Im Januar 2013 erklärte die Stadtverwaltung auf einer Informationsveranstaltung: Je nach Flächengröße, Geschossigkeit und Art der Nutzung kämen auf die Eigentümer Kosten zwischen 1500 und 10 000 Euro zu. Bei einer eingeschossigen Bauweise im Ortskern betrage der ermittelte Beitrag 14,50 Euro pro Quadratmeter. Klinken hat nachrecherchiert: „Die Stadt ist dabei nach unseren Informationen von 161 Parteien ausgegangen, die diese Summe bezahlen müssen. In dem Bereich stehen aber nur 50 Häuser.“ Da seien die genannten 10 000 Euro ein statistisches Mittel.

Klinken selbst wohnt an der Viersener Straße 46. „Dieses Gebäude hat mit Gewerbe, dem Teil, der meinem Vater gehörte, und einem Neubau drei Besitzer. In der Statistik bin ich die Drei.“

Klinken und sein Nachbar Johannes Schneiders, ebenfalls Mitglied der IGO, sind der Meinung, dass die Stadt die Summen im Vorfeld „offensichtlich klein gerechnet hat“.

Etliche Anwohner hätten unterdessen bei der Stadt die zugrunde gelegte Größe ihres Grundstücks und den Faktor, mit dem die 14,50 Euro pro Quadratmeter multipliziert werden, persönlich nachgefragt, so Klinken. Danach ergeben sich für viele Eigentümer Summen von über 7500 Euro, einzelne Summen von über 10 000, 30 000 und 50 000 Euro. „Da wurde vielen erst die Dimension der Anliegerbeteiligung bewusst“, sagt Klinken. „Kosten für den Kanalbau sind noch nicht enthalten“. Was die angeht, sieht Juwelier Heinrich Stevens „viele Unwägbarkeiten“.

Stevens und Commans, Anlieger vom Kirchplatz, hatten sich nach Kanal-Aufnahmen im März an die Verwaltung mit der Frage gewandt, ob ihre Regenwasserkanäle defekt seien, welche Kosten auf sie zukämen. Die Antwort aus dem Geschäftsbereich Abwasserbetrieb stimmt sie nicht zufrieden: „Die anfallenden Aufwendungen werden nach Abschluss der Arbeiten zur jeweiligen Schadensbehebung im Rahmen des Kostenersatzes vom Abwasserbetrieb beim Netzbetreiber (dem Grundstückseigentümer, die Red.) eingefordert. Ein gebührenrechtlicher Tatbestand wird dabei i.d.R. nicht ausgelöst.“

Die Anrather Interessengemeinschaft hat sich an alle Parteien im Willicher Rat und die Mitglieder des Planungsausschusses gewandt. Die Willicher Piraten unterstützen die Bürgerinitiative. Man fordert gemeinsam in einem offenen Brief die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung der Stadt Willich. Die Kostenbelastung und deren Durchsetzung führe in vielen Fällen „zu ernsthaften Gefährdungen der Existenz, vor allem jungen Familien und ältere Bürger“. Klinken: „Juristisch werden wir möglicherweise keine Information seitens der Stadt in Frage stellen können, moralisch schon.“

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