Anrath: Brot kommt aus dem Knast

Die Vollzugsanstalten in Anrath zählen zu den größen Arbeitgebern der Stadt. In einer kleinen Serie stellen wir vor, was hinter Gittern alles produziert wird.

Anrath. Geld ist nur ein Anreiz: Wenn die Inhaftierten der Justizvollzugsanstalten arbeiten, hat das für sie auch andere Vorteile. "Sie kommen aus ihren Hafträumen raus", sagt Beate Peters, Leiterin des Männergefängnisses. 300 der insgesamt 465 Gefangenen gehen einer Beschäftigung nach. "Die Arbeitsplätze sind heiß begehrt", sagt Peters.

Acht bis zwölf Euro pro Tag können Gefangene verdienen. Ein Drittel davon dürfen sie für den Einkauf ausgeben. Bei einem Kaufmann, der Kaffee, Tabak, Süßigkeiten oder Kosmetikartikel in die Anstalt bringt.

Ein anderes Drittel wird als Überbrückungsgeld für die Zeit nach dem Knast gespart. "Und es werden Beiträge für die Arbeitslosenversicherung einbezahlt", erläutert Walter Dohmen, der Leiter der Arbeitsverwaltung der JVA.

"Das ist schon sehr gut, wenn sie nach ihrer Inhaftierung Ansprüche darauf haben." Dieses Geld ist wichtig, denn viele der Insassen hatten kriminelles Tun als eine Art Broterwerb betrachtet. Ohne Geld aus der Arbeitslosenversicherung wäre eine Fortführung dieser Karriere meist vorprogrammiert, denn nur wenige können direkt nach dem Knast eine legale Beschäftigung aufnehmen.

Wer im Knast nicht arbeitet, darf seine Zelle nur für eine Stunde Hofgang verlassen. Um Abwechslungen wie die Teilnahme am Sport und andere, von Ehrenamtlern angebotene Gruppen, wie die für Literatur, muss man sich bewerben und kann bei Auffälligkeit wieder davon ausgeschlossen werden.

"Und selbst in den Hafträumen ist man nicht autark", sagt Peters. "Schließlich kann man die Tür nicht von innen verriegeln. Mit einem Eingriff in die Privatsphäre muss man dauernd rechnen."

Nicht für alle Insassen gibt es eine Beschäftigung in den Eigenbetrieben. In der Bäckerei backen 13 Inhaftierte unter Leitung und Aufsicht von zwei Bediensteten 600 Tonnen Brot im Jahr. Damit versorgen sie 14 Haftanstalten am linken Niederrhein und dem Ruhrgebiet.

Ein ehemaliger Gefangener, der schon Bäckergeselle war, hat hier seinen Meisterbrief erworben. "Das haben wir in Zusammenarbeit mit einer Anrather Bäckerei gemacht", erzählt Dohmen. Solche Qualifizierungsmaßnahmen sind aber eher die Ausnahme. "Ausbildung und Schulabschlüsse werden beispielsweise in Geldern angeboten. Bei uns nicht", sagt Peters. Es gibt lediglich einen Liftkurs für Ausländer und Analphabeten.

In der Druckerei erstellen 50 Inhaftierte unter der Leitung von acht Bediensteten Drucksachen vor allem für Behörden. Mahnbescheide etwa, oder die Kuverts für Vollstreckungsbescheide. "Wir drucken auch Dienstausweise", sagt Dohmen. "Allerdings unter Ausschluss der Inhaftierten", um Missbrauch auszuschließen.

Entlassungsscheine sind nicht im Programm. Aber Gesetzestexte, wie das Strafgesetzbuch, werden hier gedruckt, gelocht und in Ordnern zusammengestellt. Stempel werden hergestellt und Bücher gebunden.

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