Bürgermonitor Seniorenheim verteuert Pflegeplätze um 20 Prozent

St. Tönis. · Die Bewohner des Alexianer-Seniorenhauses St. Tönis sollen ab 1. April drastisch mehr für ihren Heimplatz zahlen. Manche Bewohner werden dadurch zum Sozialhilfefall. Nicht alle Angehörigen nehmen das klaglos hin.

 Die Kosten für die Unterbringung im Seniorenhaus St. Tönis steigen ab April stark an.

Die Kosten für die Unterbringung im Seniorenhaus St. Tönis steigen ab April stark an.

Foto: Wolfgang Kaiser

Daniel Cames traute seinen Augen nicht, als er vor einer Woche ein Schreiben der Alexianer Krefeld bekam, in deren St. Töniser Seniorenheim sein Vater seit fünf Jahren lebt. Statt bisher 2565,57 Euro soll die Unterbringung ab dem 1. April 3129,93 Euro kosten – eine Steigerung von 530,29 Euro oder 20 Prozent. „Meine Eltern werden dadurch zum Sozialhilfefall“, ist Daniel Cames sicher.

Neben der enormen Kostensteigerung ärgert den Bankangestellten auch die Vorgehensweise der Alexianer. „Das Schreiben ist auf den 3. März datiert, ich habe es am 6. März bekommen und damit nur drei Wochen Zeit, den entsprechenden Antrag auf finanzielle Unterstützung zu stellen und alle notwendigen Unterlagen beizubringen.“ Außerdem sei das Schreiben rausgegangen, obwohl die Verhandlungen mit den Pflegekassen noch gar nicht geführt worden seien. Die sind für den 17. März terminiert.

„Und die Kostenerhöhung von 20 Prozent ist durch nichts gerechtfertigt“, sagt Cames. Das Haus sei kein Neubau, und es habe in den vergangenen fünf Jahren keine Investitionen ins Haus oder andere kostspielige Veränderungen gegeben. Was den Sohn noch ärgert: „Seit dem 1. Januar gibt es ein Gesetz, das Angehörige entlastet. Mit dieser Erhöhung werden die Angehörigen aber gezwungen, mitzufinanzieren. Das führt alles, was politisch gespielt wird, ad absurdum.“

Alexianer begründen Erhöhung
mit Kostensteigerungen

Die Alexianer begründen die Steigerung der Vergütungssätze damit, dass Pflege, Unterkunft und die Verpflegung der Bewohner teurer geworden seien. So seien die Personalkosten im Pflegedienst bereits im vorigen Jahr um 2,97 Prozent angehoben worden, für 2020 stünden zwei weitere Anhebungen um insgesamt 4,04 Prozent an. Außerdem seien die Sachkosten einer jährlichen Steigerung von 2,5 Prozent unterworfen. Das macht zusammengerechnet eine Ausgabensteigerung von 9,51 Prozent.

Woher die restlichen zehn Prozent der Anhebung kommen, geht aus dem Schreiben der Alexianer an die Angehörigen nicht hervor. Dort heißt es: „Die Vergütungen für Unterkunft und Verpflegung müssen aufgrund der seit dem 1. April 2018 eingetretenen und für die Zeit ab dem 1. April 2020 bis zum 31. März 2021 zu erwartenden Kostenentwicklung ebenfalls angepasst werden.“

Michael Wilke, Regionalgeschäftsführer der Alexianer in Krefeld, sagt, die Beiträge würden rückwirkend für zwei Jahre erhoben. Während andere Heime jedes Jahr die Beiträge anhöben, seien die Vergütungssätze in St. Tönis stabil geblieben. „Davon abgesehen, setzen wir die Preise nicht fest“, sagt Wilke, vielmehr würden sie mit den Kostenträgern, also den Kranken- und Sozialkassen verhandelt. Auf die Frage, warum die Heimkosten für die Bewohner im Kreis Viersen so unterschiedlich sind, sagt der Geschäftsführer, für die Kosten sei vor allem die Fachkraftquote entscheidend. „Wer viele hochqualifizierte Mitarbeiter hat, der hat höhere Personalkosten als jemand, der mit Aushilfskräften oder Franchise-Personal
arbeitet.“

Mit seinem neuen Kostensatz liegt das St. Töniser Seniorenheim jetzt leicht über dem Kreisdurchschnitt. Laut Landschaftsverband Rheinland gibt es 26 Altenheime im Kreis Viersen. Für Menschen mit Pflegegrad 2 kostete ein Heimplatz am 1. Januar 2019 durchschnittlich 1689,53 Euro, für Menschen mit Pflegegrad 5 2924,58 Euro. Neuere Zahlen liegen nicht vor. Laut Tabelle betragen die jährlichen Veränderungen zwischen drei und vier Prozent. Nach Tarifverhandlungen könne es schon mal zu einer deutlicheren Kostensteigerung von bis zu sieben Prozent kommen, weiß der Landschaftsverband Rheinland. Eine Kostensteigerung von 20 Prozent hingegen sei, wenn nicht massiv in das Haus investiert wurde, selten, heißt es
beim LVR.

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