„Ärztin“ für kaputte Bilder

Mit Beschädigungen beschäftigt sich Restauratorin Renate Grimm. Für die Kirche hat sie Tabernakeltüren bearbeitet.

Willich. Das Bild auf der Staffelei ist fast fertig. Renate Grimm tupft noch ein Braun auf den Kragen eines Mannes in einem schwarzen Anzug auf dem Ölbild aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende. Das Bild war schon fertig, als es der Besitzer zu ihr brachte. Es stellt einen seiner Ahnen dar.

„Da hatte wohl ein Besatzungssoldat nach dem Krieg mit der Faust hineingeboxt“, erklärt Renate Grimm und schaut auf die Beschädigungen, die sie beseitigen soll. Sie ist Restauratorin, praktisch „Ärztin“ für kaputte Gemälde. Sie bearbeitet vor allem Bilder aus der Zeit bis zum zweiten Weltkrieg. „Danach verwendete man andere Materialien.“

Für ihre Arbeit ist viel Spezialwissen nötig. So mischt sie beispielsweise den klaren Schutzanstrich (Firnis) selbst, mit dem sie die Bilder als letzte schützende Schicht überzieht. Er dient ihr auch als Trägerflüssigkeit für die Farben. Damit die Restaurierung rückgängig gemacht werden kann („das ist ein Grundregel für uns“) muss den Ölfarben das Öl als Trägerflüssigkeit entzogen werden, das sich sonst mit den Originalfarben des Bildes verbinden würde.

Renate Grimm mischt die Farben dann mit dem Firnis, bevor sie sie aufbringt. Als erstes hat sie jedoch die Leinwand bearbeitet (dubliert), um die Risse durch den Faustschlag zu beseitigen. Dafür wird eine neue Leinwand unter die Originale geklebt und in einem Vakuum-Heiztisch getrocknet, so dass beides fest verbunden ist. Dann spachtelte sie Kreidekitt als Grundierung auf die Fehlstellen.

Renate Grimm, Restauratorin

Ihre Kunst besteht darin, dass der Makel unsichtbar wird, wenn sie die Farbe ergänzt hat. „Ende der Woche kann der Besitzer das Bild wieder abholen“, sagt sie.

„Ich bin zwischen Farben und Bildern aufgewachsen“, erzählt Grimm mit Blick auf ihre Kindheit und Jugend. „Aber um selbst Künstlerin zu werden, fehlt mir das Genie“, sagt sie.

So habe sie sich der handwerklichen Seite zugewandt und in London Gemälde-Restauratorin studiert. Sie hat für die großen niederländischen Museen gearbeitet und war bis zu ihrer Pensionierung stellvertretende Leiterin des Restaurierungszentrums in Düsseldorf. Heute arbeitet sie für Kirchengemeinden, hat beispielsweise für St. Katharina in Willich die Tabernakel-Türen restauriert. Außerdem ist sie für Privatkunden tätig. „Es ist so schön, wenn die Menschen sich freuen, wenn ihr Bild wieder in Ordnung ist“, sagt sie.

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