Ärger: Regen mit dramatischen Folgen

Mehrere Bauern haben mit gefluteten Feldern zu kämpfen. Sie erheben Vorwürfe gegen die Stadt.

Willich/Tönisvorst. Die Regenmenge, die am Dienstag auf Willich und Tönisvorst niedergeprasselt ist, war rekordverdächtig: Normalerweise fallen im August durchschnittlich rund 64 Liter Regen, und zwar insgesamt. Doch am Dienstag kamen binnen einer einzigen Stunde ganze 44 Liter herunter, das bestätigte der Deutsche Wetterdienst auf Anfrage.

Was für Meteorologen ein faszinierender Rekord sein mag, ist für andere eine echte Bedrohung: Die Felder mehrerer Landwirte wurden überflutet, mit zum Teil noch nicht absehbaren Folgen.

"Meine Stangenbohnen liegen komplett am Boden", sagt Gemüsebauer Heinz Peter Köttelwesch. "Ich weiß momentan gar nicht, was ich machen soll, das bedroht meine Existenz." Eine 2,5 Hektar große Fläche ist betroffen, eigentlich hätte Köttelwesch in zwei Wochen mit der Ernte beginnen können. "Jetzt ist das ganze Wasser in die Kulturen gelaufen."

Konkret: Das Rückhaltebecken am Klörather Steg konnte die einströmenden Wassermassen nicht mehr fassen und lief über. Das Wasser bahnte sich seinen Weg in die Flöth, die lief ebenfalls voll - und dann verteilte sich das unerwünschte Nass auch auf die anliegenden Felder.

"Das ist eine Katastrophe für die Bauern", sagt Peter Joppen, Kreistagsmitglied, stellvertretender Vorsitzender des Wasser- und Bodenverbands (WBV) und ebenfalls Landwirt. Er sei zwar nicht selbst betroffen, finde den Zustand aber unhaltbar. Zwar seien Vertreter des Kreises, der Landwirtschaftskammer und des WBV vor Ort gewesen und hätten die Situation begutachtet. "Aber letztlich schieben sich die Behörden immer nur gegenseitig die Verantwortung zu." Ihn "bringt zur Weißglut, dass immer nur an die Wohngebiete gedacht" werde.

Das ärgert auch Köttelwesch: "Je stärker die Bebauung in Anrath zunimmt, umso schlimmer werden künftig auch die Flutschäden ausfallen." Wenn alles versiegelt und planiert werde, könne das Wasser nicht mehr auf natürlichem Weg abfließen und bedrohe dann - wie jetzt geschehen - die Felder. Und das womöglich immer häufiger: "Erst 2007 stand bei mir alles unter Wasser", sagt Köttelwesch.

Mit einem finanziellen Verlust von 5000 bis 13.000 Euro rechnet Kartoffelbauer Hans-Leo Sieben aus Clörath. Bei ihm stand eine Fläche von einem Hektar Feld extrem unter Wasser: "Zumindest ein Teil der Kartoffeln wird faulen", sagt er. "Derzeit ist aber schwer abzuschätzen, wieviel wirklich verloren geht." Sieben gibt der Stadt Willich die Schuld: "Die müssen sich langsam mal was einfallen lassen. Viel zu viele Flächen sind versiegelt, und der Flöth-Graben ist für so etwas nicht ausgelegt."

Sieben kritisiert vor allem, dass der Zustand des Rückhaltebeckens schon lange nur geduldet werde, die wasserrechtliche Erlaubnis aber schon längst abgelaufen sei. Problematisch: Versichern könnten sich die Bauern gegen Überflutungsschäden nicht, sagt Sieben. "Das ist nur gegen Hagelschäden möglich."

Josef Heyes, Bürgermeister von Willich, spricht indes von "höherer Gewalt". Der Boden sei vom Regen der vergangenen Tage ohnehin schon mit Feuchtigkeit gesättigt gewesen und habe kein Wasser mehr aufnehmen können. Er verteidigt das Konzept der Stadt: "Das Kanalsystem ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen berechnet." Für so außergewöhnlich starke Regenfälle sei es nicht geschaffen.

Trotzdem betont Heyes: "Wir haben in Willich besonders viele Rückhaltebecken gebaut." Gegen so unvorhersehbaren Wassermassen wie am Dienstag könne man nichts machen. "Wir haben unser Bestes getan", meint Heyes.

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